#Roman

Wunderbare Valerie

Elfriede Hammerl

// Rezension von Sabine E. Dengscherz (Selzer)

Das Leben ist ungerecht. In Elfriede Hammerls letztem Roman („Mausi“) stand das sogar im Untertitel. Ganz so explizit lässt sie es uns nun nicht mehr wissen, aber das Thema ist auch in Wunderbare Valerie wieder ein ähnliches. Und das literarische Erfolgsrezept auch: Protagonistin ist eine starke, intelligente Frau in den besten Jahren, die mit ihrem Leben allerhand anzufangen wüsste, wenn man sie nur ließe. Aber man lässt sie nicht so wirklich. Sie leistet die Arbeit, und den Erfolg sahnen andere ab.

Die Ich-Erzählerin schreibt das Drehbuch zur erfolgreichen Fernsehserie Wunderbare Valerie. Das heißt aber nicht, dass sie auch zu entscheiden hätte, wie die Handlung verläuft. Aus ihren ursprünglichen Ideen wird kitschige Soap, leichte Kost für die breite Masse, die eigentlich kaum so dumm sein kann, wie man das beim Fernsehsender annimmt. Die Produzenten sind zufrieden, und der Schöpferin der Figuren rollt es regelmäßig vor der Glotzkiste „die Zehennägel auf.“

Eines Tages sitzt eine unbekannte, doch seltsam vertraute Person im Wohnzimmer der Autorin: die Serienfigur in ihrer ursprünglichen Konzeption. Schlau, frech, interessant und manchmal ein wenig rücksichtslos: Olga. Und sie hat wenig mit der Wunderbaren Valerie zu tun und noch weniger mit ihrer Darstellerin, der Repräsentantin der Reichen und Schönen, die ihr Image auch in den Klatschspalten verewigt wissen will.

Mit dem Einbruch des Phantastischen gerät die ohnehin schon nicht ganz heile Welt nun vollends aus den Fugen. Elfriede Hammerl montiert Wunschträume, Märchenelemente und Skurriles gekonnt auf die Folie der Realität und macht diese gerade dadurch transparent, auf manchmal bissige, aber doch meist augenzwinkernde Weise.

In das kleine Häuschen am Stadtrand, das die Drehbuchautorin allein mit ihren Katzen bewohnt, scheint schließlich sogar die Liebe einzuziehen (in der Verkörperung eines so netten Landarztes, dass mit ihm fast etwas nicht stimmen kann), während an der Fassade des Fernsehstars der Stuck zu bröckeln beginnt. Ist das Leben vielleicht doch nicht so ungerecht?

In Hammerls Romanen siegt am Ende gerne „das Gute“, aber das alles ist offenbar nicht so ganz ernst gemeint. Allgegenwärtig ist der ironische Unterton – und wem Glück widerfährt, der bzw. vor allem die kann es meist nicht so recht glauben. Wo ist der Haken? Die Frage steht zwischen allen Zeilen, die zum Happy End tendieren.

Sozialkritik und Feminismus kommen bei der bekannten Profil-Kolumnistin gepaart mit Witz und teilweise beinahe Sitcom-artigen Elementen daher. Hammerl versteht sich auf realitätsnahe und hinreißend komische Dialoge und macht zu Literatur, was wir alle täglich erleben: das sich Abstrudeln um berufliche und private Existenz.

Elfriede Hammerl Wunderbare Valerie
Roman.
Wien, Frankfurt am Main: Deuticke, 2003.
287 S.; geb.
ISBN 3-216-30674-7.

Rezension vom 09.12.2003

Originalbeitrag. Für die Rezensionen sind die jeweiligen Verfasser:innen verantwortlich. Sie geben nicht notwendig die Meinung der Redaktion wieder.

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