Sabine Seelbach untersucht gängige Strategien der narrativen Verbildlichung wie den „homo oeconomicus“ als Denkgrundlage der neoklassischen Theorie, die das Individuum als rationalen Entscheider und Nutzenmaximierer setzt, oder das Bild des „Schwarzen Schwans“, der so selten ist, dass er kaum in Erwägung gezogen werden muss, aber eben doch vorkommt und das Außergewöhnliche damit zumindest in der Rückschau irgendwie „erklärbar“ erscheinen lässt. Mit Wirtschaftsmetaphern auf unterschiedlichen Ebenen beschäftigen sich mehrere Beiträge. Dazu gehört etwa die Personalisierung der Wirtschaftsberichterstattung samt der Belegung der AkteurInnen mit Über- und Beinamen (Marie-Laure Pflanz) oder die Entstehung völlig neuer Textsorten entlang von Wort- und Themenkarrieren wie dem „Nachhaltigkeitsbericht“ (Eva Gredel). Die Sprachspuren der Erfolgsgeschichten „fleißiger Jeckes“, die auf der Flucht vor dem Nationalsozialismus nach Israel kamen, untersucht Patrick Farges.
Sprachanalysen von Zeitungsberichten zum Crash von 2007, der einen deutlichen Anstieg der narrativen Elemente brachte (Irmtraud Behr / Monika Damnerer), finden sich ebenso wie eine Beliebtheitsskala von Wort-Spielen mit Feuer/Brand- und Domino/Ketteneffekt-Metaphern (Philippe Verroneau) oder lange Verlaufskurven von Begriffen wie „Rettung“ und „Pleite“ im Kontext der Griechenland-Krise, die deren Bedeutungsverschiebung aufzeigen (Astrid Adler u.a.). Hier wäre übrigens auch der Verlauf von Umbenennungs-Verfahren interessant gewesen, etwa der Wechsel von der Finanz- zur Schuldenkrise.
Alle in diesen Beiträgen aufgezeigten sprachlichen und narrativen Verfahren tragen zur Sensibilisierung im Umgang mit medialer Wirtschaftsberichterstattung bei, die entlang zahlreicher Schnittstellen zunehmend in allgemeine und literarische Diskurse eingedrungen ist. Das zeigt etwa Iuditha Balint am Beispiel der „Entgrenzung der Arbeit“, die nicht nur zu einer „Überlappung von Körperarbeit und Erwerbsarbeit“ (S. 147) geführt hat, sondern metaphorisch die Wissenschaftsterminologie wie die Alltagssprache invadiert, worauf wiederum die Literatur in vielfältiger Art und Weise reagiert. Umgekehrt fragt Christine Künzel, inwieweit das Märchen als Genre mit seinem basalen „Fiktionsvertrag“ und der oft thematisierten „ökonomischen Vision“ (S. 173) als Muster für zentrale ökonomische Narrative fungiert. Auf eine besondere Weise für literaturwissenschaftliche Fragen anregend ist schließlich auch der Beitrag von Dirk Hohnsträter, der am Beispiel von Apple aufzeigt, wie sich im Medium der Sprache – zum Beispiel über den Begriff „tool“, der die Bedeutung eines Werkzeugs zur Selbstermächtigung insinuiert – eine Corporate Identity generiert, in der technologische Entscheidungen, Designfragen, Firmenideologie, Image und Werbekampagne eine unentwirrbare und suggestive Mischung ergeben.