Es ist heute weder zu übersehen noch zu überhören, dass Josef Winklers verbal erhobener Zeigefinger schon einiges bewirken konnte. Höchstwahrscheinlich hat er – nach seinen Kräften, und Schriftsteller möge man nicht unterschätzen! – beigetragen, dass ein Villacher Steuerberater samt seinen ehemaligen Geschäftspartnern vor ein irdisches Gericht gestellt wurde. Winkler geht es definitiv darum, dass Unrecht den Weg alles Irdischen geht, damit ein bisschen Gerechtigkeit geschieht und die Rechtlichkeit nicht ihr Recht verliert.
In der Wieser-Broschur fehlt eine relevante editorische Angabe, weshalb hier angefügt sei, dass Josef Winkler Die Salzburger Rede auf Einladung des Salzburger Literaturhauses und der Universitätsbibliothek Salzburg vor dem Nationalfeiertag 2012 im dortigen Unipark vorgetragen hat.
„Heute wissen wir, dass Jörg Haider“, hat Winkler gesagt, „der größte politische Bankräuber der Zweiten Republik war“. Das ist einer der griffigen Kernsätze zur Lage in Kärnten. Er greift aber nicht nur den Verstorbenen an, auch der Nachfolger kommt an die Reihe, beispielsweise folgend: „Gerhard Dörfler, der Landeshauptmann von Kärnten als bischöflicher Haubentaucher auf einer Bierkiste“.
Eines der Winklerschen Hauptthemen ist nach wie vor der Totenkult um Haider: „Mit Steuergeldern haben Sie das Autowrack des verstorbenen Jörg Haider um 40.000 Euro gekauft und halten es immer noch an einem geheimen Ort versteckt.“ Oder: „Sie haben mit Steuergeldern das Grundstück an der Todesstelle gekauft“. Und: „Der luxuriöse Totenschmaus im Klagenfurter Konzerthaus hatte das Niveau eines Staatsbanketts.“ Und so weiter.
Winkler vergisst in seiner Rede nicht auf das geschmacklose Haider-Denkmal mit einander schüttelnden Händen. Unmissverständlich fordert er den Haider-Nachfolger auf, „mit dem makabren Kasperltheater aufzuhören“, das Wrack endlich verschrotten zu lassen und das Geld in die Landeskasse zurück zu zahlen. Eigentlich ein konstruktiver Vorschlag, so polemisch die Rede insgesamt klingen mag.
Liest man weiter, denkt man, dass sich Winkler besonders über die außenpolitischen „Maul-Würfe“ von „Kärntens oberstem Bierfassanstecher“ geärgert haben dürfte. Endlich thematisiert Winkler, was er bis dahin, das heißt jahrelang, eigentlich nicht getan hat, auch die Ortstafelfrage. Hier hat er, so meine ich, die Größe des Unrechts zunächst nicht wirklich erfasst. Mittlerweile hat er erkannt, wer den Slowenen in Kärnten lange Zeit die fehlenden Ortsaufschriften verweigert hat. „Selbstverständlich haben Sie wieder vor den zähneknirschenden Geschwistern Scheuch gekuscht“, meint er dazu.
Heftig ins Gericht geht der Büchnerpreisträger mit der allseits bekannten „Buberlpartie“ und ruft in Erinnerung, dass sich die Regierungsparteien im Jahr 2009 im finanziell ausgebluteten Kärnten sechzig Millionen Euro Parteienförderung genehmigt und zugleich den Heizkostenzuschuss für die ärmsten Kärntner gestrichen haben, was nicht weiter gewürdigt werden muss.
Die herausragendste Geldvernichtung ist für den Schriftsteller aber der Bau des Klagenfurter Fußballstadions, das für drei Spiele mit viereinhalb Stunden Sport bei der Europameisterschaft 2008 errichtet wurde und jetzt mehr oder weniger leer steht. Für Winkler eine ebenso skrupellose wie größenwahnsinnige Verschwendung.
Eigentlich müsste man Josef Winkler nächstens nicht einen Literaturpreis verleihen, sondern einen Orden, entweder für Verdienste um das Land Kärnten oder die Republik Österreich. Wahrscheinlich werden aber erst Historikerinnen und Historiker erkennen, wie reinigend der von ihm provozierte Donner war. Winkler war sich der Bedeutung des Titels seiner Rede absolut bewusst.
Nachbemerkung: In der Broschur findet man kurze Texte von Barbara Maier und Angelika Hödl sowie Saualm-Fotos von Gerhard Maurer, die prominente und in Kärnten geborene Zeitgenossen mit Kurzkommentaren versehen haben. Beispielsweise haben Peter Handke und Peter Turrini interpretiert.