Der 1952 in Nofels bei Feldkirch geborene Mähr hat schon in Büchern wie „Simon fliegt“ (1998) oder „Die letzte Insel“ (2001) mit viel Augenzwinkern rezente, sehr diesseitige Realität mit märchenhaften, ja wundersamen Begebenheiten verbunden. Auf diese Kombination greift er in Semmlers Deal wieder zurück – reichlich mysteriös sind die Geschehnisse um den reichen Erben und Unternehmensberater Semmler, dem in Gestalt einer Frau, die er aus einem reißenden Fluss vor dem Ertrinken rettet, das Schicksal begegnet. „Do ut des“, ich gebe, damit mir gegeben wird, so lautet die Basis des Fatums fürderhin. Der One-Night-Stand mit dieser angeblichen Haushälterin eines Pfarrers, die allerdings rasch ein merkwürdig gebrochenes Verhältnis zur Metaphysik und Transzendenz offenbart, entpuppt sich bei Mähr als Mär von Aufstieg und Fall, von Blendung und Verblendung, von Krimi und Märchen, als Union von Thriller und Philosophie.
Sofern Semmler für seinen Wunsch einen Deal mit dem Universum schließt und etwas Adäquates einsetzt, erhält er etwas dafür, etwas Größeres und Liebreizendes und von ihm Begehrtes. So gewinnt er eine Frau und verliert sein Haus. So setzt er später in diesem faustisch-diabolischen Pakt seinen Wohlstand und schließlich seine Gesundheit ein, um Tochter und Ehe zu erhalten. Und um am Ende wieder alles verloren und eingebüßt zu haben. Was so scheinbar einsträngig daherkommt und süffig zu lesen ist, entpuppt sich als philosophischer, ja als geradezu theologischer Gedankenroman. Wie auch als kritischer Kommentar zu einer fortgeschrittenen, sich zusehends im Virtuellen abspielenden Weltökonomie. Analogien zum kapitalistischen Wirtschaftssystem sind nicht von der Hand zu weisen: Wo es Gewinner gibt, und zwar keineswegs virtuelle, sondern ganz diesseitige, muss es zwangsläufig auch Verlierer geben.
Mähr wäre nicht der intelligente Zeitbeobachter, studierte Naturwissenschaftler und sorgsame Bienenzüchter, würde er nicht noch ein abgefeimtes Finale ersinnen. Semmlers Deal ist ein hochintelligentes, famoses Stück Prosa, das – vor allem in den Dialogen – ebenso unterhaltsam wie präzise durchdacht ist. Dass angesichts so sicher gehandhabter dramaturgischer Kniffe bereits nach einer Verfilmung durch den ORF gerufen wird, verwundert nicht. Auch nicht, dass es bereits Leser gibt, die diesen Roman dezidiert nicht eintauschen mögen. Ein Schelm, wer Böses denkt, dass der Deuticke Verlag seit einigen Jahren zum Carl Hanser Verlag gehört …