#Lyrik

Schöne neue Kinderreime

Werner Wintersteiner

// Rezension von Janko Ferk

Werner Wintersteiner ist als Schriftsteller weithin unbekannt. Als Friedensforscher und Germanist schon weniger. Überhaupt steht bei ihm Sprache hoch im Kurs, so oder so. Anfang September 2010 wurde ihm in Bremen der mit zehntausend Euro dotierte Erhard Friedrich-Preis für Deutschdidaktik verliehen – für seine vielfältigen Bemühungen um die Vermittlung von Sprache, Literatur und Medien im Deutschunterricht. Dafür setzt er sich nicht nur im Kompetenzzentrum für Deutschdidaktik an der Alpen-Adria Universität Klagenfurt/Univerza v Celovcu ein, sondern auch in der Zeitschrift ide.

Noch interessanter ist, dass sich Werner Wintersteiner im Bereich Friedensforschung habilitierte und an der erwähnten Hochschule einen Lehrstuhl innehat. Hier wurde das Zentrum für Friedensforschung und -pädagogik gegründet. Wer Werner Wintersteiner kennt, weiß, dass ihm der Erhalt von Frieden, das Leben von Toleranz und kultureller Offenheit ein Herzensanliegen sind, was er nicht zuletzt im Gedichtband auf lesbare Art „versifiziert“.

In seinen Forschungen und Publikationen greift er Themen wie Multikulturalität, Multimedialität und Mehrsprachigkeit auf, dann und wann wird dies in internationalen Konferenzen zur Sprache gebracht, die er allein oder mit Kollegen initiiert. Als Gastprofessor vermittelte er sein Wissen u. a. auch in Argentinien und China.

Zum Leben dieses sogenannten unbekannten Autors gehört auch, dass er der Großneffe des österreichischen Schriftstellers Hans Adler (1880 – 1957) ist, dessen Roman Das Städtchen (ursprüngl. 1926) er 2010 im Düsseldorfer Lilienfeld Verlag neu aufgelegt hat. Das Buch schaffte auf Anhieb eine zweite Auflage, geht es doch um einen leichtfüßig-witzigen und düster-wahrhaftigen Roman mit Einsprengseln sexueller Gier in der k. u. k. Provinz.

Die Gedichtsammlung Schöne neue Kinderreime hat Werner Wintersteiner mit sechs Kinderzeichnungen seiner beiden – heute längst erwachsenen und akademisch gebildeten – Töchter illustriert. Vom Cover leuchtet sehr sprechend eine „Grinzekatze“.

Im Gedicht „Was ich gerne werden möchte“ reimt sich Werner Wintersteiner durch die phantasievollsten Berufe von „Weltmeister im Dauerblinzeln“ über „Dauergast der Geisterbahn“ bis „ganz normales Kind“, einfach alles. Darauf ist es naheliegend, dass ein anderes Kind meint: „Ich bin wie keiner“. Natürlich muss auch etwas über das Auto gesagt werden, bevor Enkel „Oskar … auf Wanderschaft“ geht. Kinder werden manchmal besonders philosophisch, festgehalten ist dies im Gedicht „Warum bin ich auf der Welt?“. Unter Kindern und Eltern dürfen das „Versöhnungslied“ und der „Kitzelreim“ nicht fehlen, „Zaubersprüche“ schon gar nicht, ohne sie wäre ein solcher Band nicht komplett.

Das Buch ist dabei erfrischend aktuell: Schönbrunn, Fu Long und alle anderen Stars der Kinderwelt werden aufgeboten. „Was man mit alten Wörtern gar nicht sagen kann“, ist hier neu zu lesen, und zuletzt wird noch ohne jede Revolution „Die Kinder-Republik“ ausgerufen und ein wahres Wort in Reimen ausgesprochen: „Und wenn dem Volk das Essen gefällt,/ wird die Regierung wieder gewählt.“

Werner Wintersteiner hat ein lustiges und kurzweiliges Buch geschrieben, das nicht nur Kinder begeistern kann, sondern ob seiner Tiefgründigkeit auch für sogenannte Erwachsene „geeignet“ ist.

Schöne neue Kinderreime.
Gedichte.
Mit sechs Kinderzeichnungen von Anna und Therese.
Privatdruck Klagenfurt, 2010.
77 Seiten, gebunden.
ISBN 978-3-518-42175-8.

Rezension vom 09.09.2010

Originalbeitrag. Für die Rezensionen sind die jeweiligen Verfasser:innen verantwortlich. Sie geben nicht notwendig die Meinung der Redaktion wieder.

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