#Roman

Schön tot

Edith Kneifl

// Rezension von Florian Braitenthaller

Margareten, der 5. Wiener Gemeindebezirk, ist ein heißes Pflaster – geht es nach Edith Kneifls Kriminalroman Schön tot. Denn für die 39-jährige Katharina Kafka ist klar: Ein Serienmörder treibt sein Unwesen inmitten des idyllischen Bezirks. Die sich zur Ermittlerin aufschwingende Historikerin arbeitet im Grätzel, im Café Cuadro. Dieses Café ist Teil des sogenannten Schlossquadrats, einer Reihe von Lokalen, die von Stefan Gergely übernommen und restauriert wurden. So wie Gergely und seine Gaststätten „existieren“ die meisten Figuren dieses Krimis auch im „wirklichen“ Leben, von Motto-Chef Bernd Schlacher über Bezirksvorsteher Wimmer bis hin zu Bürgermeister Häupl: Kneifl setzt in diesem Roman einen kriminalistischen Plot in eine real existierende Szenerie.

Eher zufällig wird die Ich-Erzählerin, eine Art Grätzel-Mama, die sich um alle und alles kümmert, in mörderische Geschehnisse verwickelt. Junge Frauen werden ermordet, und auf einen befreundeten Transvestiten wird ein Mordanschlag verübt. Katharina kommt ihm zu Hilfe und quartiert ihn kurzerhand bei sich ein. Zur Stärkung bietet sie ihm Whisky an:
„Oh, ein Jameson. Mein Lieblingswhisky!
Nicht nur deiner. Auch Samuel Beckett soff am liebsten Jameson.
Wer?“
Um Orlando zu helfen, und weil die Polizei ihrer Ansicht nach die wahren Ausmaße der Mordserie nicht erkennt, ergreift sie selbst die Initiative zur Aufklärung der Verbrechen. Über die konkrete Arbeit der Polizei wird man im Unklaren gelassen. Dafür wird auf Seiten Frau Kafkas wild verdächtigt, spekuliert und nachgeforscht. Ihre „Ermittlungen“ erfolgen über Gerüchte, Klatsch und Plaudereien. Vermutungen und Mutmaßungen, die Verwirrung in den Plot bringen, werden angestellt. Die auferlegte Beschränkung, die mit der subjektiven Erzählperspektive einhergeht, führt natürlicherweise zu einem eingeschränkten Blickfeld und öffnet so dem Gerücht, dem Tratsch, dem Geschwätz Tür und Tor.
Schön tot bestätigt den Verdacht, dass ein/e Ich-Erzähler/in dem Krimigenre nicht unbedingt förderlich sein muss. Dieser Roman ist eine Kombination aus Krimihandlung, „autobiografischem“ Schreiben, Grätzelspaziergang und Kulinarik, Szenetreff und Menschentypologie sowie Tourismus- und Shoppingempfehlung mit ausgeprägtem Gespür fürs Lokalkolorit. Ganz nebenbei (oder eigentlich vordergründig) entwirft der Text eine Landkarte von Margareten, die besiedelt ist von Alteingesessenen, Tandlern, Geschäftsinhabern und Politikern – die allesamt stets auch Gäste der erwähnten Lokale sind.

Das ist alles recht einfach erzählt, mit einem Plot, den man besser nicht allzu kritisch betrachtet, mit einer Sprache, die sich wenig um Differenzierung bemüht, und mit einer Protagonistin, der man mehr Schlaf wünscht.
Die Auflösung am Ende erfolgt rasch und mit spektakulärem Showdown. Und als Gustostückerl präsentiert Edith Kneifl auf den letzten Seiten die Rezepte jener Speisen, die ihre Ich-Erzählerin im Verlauf der Handlung in all den trendigen Szenelokalen konsumiert.
Guten Appetit im Schlossquadrat!

Edith Kneifel Schön tot
Ein Wien-Krimi.
Innsbruck/Wien: Haymon, 2009.
176 S.; geb.
ISBN 978-3-85218-610-8.

Rezension vom 19.04.2010

Originalbeitrag. Für die Rezensionen sind die jeweiligen Verfasser:innen verantwortlich. Sie geben nicht notwendig die Meinung der Redaktion wieder.

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