Wie bereits im ersten Band des Autors, Sackgasse, wird aus der Perspektive männlicher Ichs erzählt – mit Ausnahme der Titel gebenden Kurzgeschichte, die aber mittels personaler Erzählperspektive ebenfalls einen Mann als Identifikationsfigur in den Vordergrund rückt. Die meisten dieser Erzähler sind alt, zumindest sind alle viel älter als der Autor selbst. In einem Interview anlässlich seines Debut-Bandes begründet er dies damit, dass er sich einerseits selbst alt bzw. älter fühle und es andererseits als Mann „einfacher“ sei über Männer zu schreiben: „Frauen sollten über Frauen schreiben und Männer über Männer. Ich fühle mich nicht berechtigt, aus der Sicht einer Frau zu schreiben. Es kommen natürlich viele Frauen vor und oft sind die Frauen auch durchgeknallter – im positiven Sinne. Eigentlich sind bei mir immer die Männer die Trottel, obwohl sie erzählen.“
Und diese „Trottel“ sind skurrile und stinknormale, langweilige und gelangweilte, vereinsamte und sich nach Einsamkeit sehnende Männer, streitlustige, verstockte, und in vielerlei Hinsicht „reduzierte“ Figuren: sprachlich, emotional, körperlich. Menschen also, denen „dann und wann der rote Faden des Alltags abhanden kam“ (55), oder die – mit den Worten einer nur beschränkt Sympathie verdienenden Frauenfigur – in „Erfahrungswelten leben, die andere nicht betreten können“ (58). Dementsprechend erzählen diese Männer in bekannt nüchterner Manier, in einer Sprache, die auch zu den „eigentlich banalen Inhalten“ der Geschichten passe, so der Autor im gleichen Interview.
So inszeniert Strobel in der ersten Geschichte eine von seltsamer Romantik angehauchte Krankenhausleidenschaft eines gealterten Mannes, an der entlang er die Themen Alter, Tod, Verlust und Schuld reflektiert.
In der darauf folgenden Geschichte ist es ein 81jähriger, der eine Reihe an Demütigungen über sich ergehen lassen muss: Witze über sein Alter, einen peinlichen Sturz, einen demütigenden Besuch im Krankenhaus, das Treffen mit einem alten Schulfreund, der immer schon erfolgreicher war als der Ich-Erzähler, sowie gegen Ende der Geschichte einen Überfall. Zum Schluss begegnet er seiner Tochter, ein kurzer Lichtblick in seinem Leben, obwohl er keineswegs Zentrum ihres Interesses ist, sondern nur der letzte Fluchtpunkt in ihrem gescheiterten Leben.
Demütigung ist auch das Thema der vierten Geschichte. Die Mutter erwachsener Kinder prostituiert sich im Internet, woran die Tochter aus scheinbar nicht ganz selbstlosen Gründen verzweifelt, während der bekannt emotionslose, nüchterne Sohn und Ich-Erzähler Gleichgültigkeit an den Tag legt.
Vor dem Auge der Leser spielen sich traurige Alltagsszenen, unspektakuläre Gespräche und seltsame Ereignisse ab, die leider hier und da überkonstruiert wirken. Sie werden meist auf engem Raum inszeniert, in einem zu eng gewordenen Zuhause, nur wenige Dinge passieren im Freien, aber auch dort lauern Demütigung, Beengung und Trostlosigkeit.
Wie in der letzten Geschichte, in welcher der Wald einer kleinen Gruppe von Außenseitern der Gesellschaft (zwei Flüchtlingen, einem Obdachlosen) keine Zuflucht bieten kann, und die nach Meinung der Rezensentin zu den lesenswertesten und tragikomischsten des Bandes gehört.
Man möchte dem „jungen“ Autor so „alter“ Geschichten zurufen: Noch ein bisschen weniger wäre noch ein bisschen mehr! Aber weiter so.