Der Aufbau des Werkes nach Jahreszeiten fügt sich hier ein, ebenso, dass Anfang und Ende auf den Tag der Sommersonnenwende fallen, und das nach genau einem Jahr. Der sprechende Name Rosenblüm verheißt anfangs vermeintlich Gutes, der Rosenduft als wiederkehrendes Motiv jedoch wandelt sich und wird zum Inbegriff der Angst, des unabwendbaren Schmerzes, wird final aber wieder zum Träger von Positivem. Alles ist hier im Wandel.
Anfangs wird je Kapitel eine Figur und ihr Innenleben beschrieben, was dann jedoch zusammenfließender und nicht mehr nach Einzelfiguren getrennt aufgebrochen wird. In einer introspektiven und neutralen Erzählhaltung wird in auktorialer Erzählform das tragische Schicksal der Familie, der Eltern Gisela und Jakob mit ihren Töchtern Judith und Nurit, dargestellt sowie mit jenem einer weiteren Familie, Clara und Peter, und später auch noch einer dritten, verwoben. Nachdem das zwei Monate alte Kind Nurit plötzlich verstirbt, verfällt Gisela in eine wahnhafte Depression und muss in eine Nervenheilanstalt eingewiesen werden. Der Vater Jakob verlässt sie daraufhin und gibt ihr fünfjähriges Kind Judith vorübergehend bei einer kinderlosen Bekannten, Clara, in Betreuung. Jakob verstirbt wenig später an einem Herzinfarkt, an gebrochenem Herzen, wie es heißt. Clara nimmt sich aus einer untragbaren Verlustangst heraus das Leben, nachdem Gisela wieder genesen aus dem Krankenhaus entlassen wird und ihre Tochter zurückholen möchte. Gisela beginnt nach allem mit Peter, dem zurückgelassenen Partner Claras, eine Liebesbeziehung, aus der am Ende wieder eine neue Familie entsteht.
Der basale Sprachrhythmus des Romans variiert je nach Inhalt: schnell und mitreißend wie ein Sog, bedingt durch extrem lange und einfache Sätze oder rasche Wortwiederholungen, etwa in den Beschreibungen wirrer Traumzustände, hingegen Einhalt gebietend und einbremsend bei Hervorhebungen starker Gefühle. Besonders auffällig ist, dass Wiederholungen – im Stile der Anaphora – ausschlaggebenden Erlebnissen immensen Nachdruck verleihen, sie werden wörtlich mehrere Male an unterschiedlichen Stellen mantrahaft wiederholt, so wie sogleich der erste Satz des Romans: „[…] am Tag der Sommersonnenwende in ihrem schmucken kleinen Wochenendhaus am Land zur Mittagszeit unter größten Schmerzen und mit verhaltenen Schreien und nur mit einer Haushebamme an ihrer Seite ihr zweites Kind zur Welt brachte“ (S. 7). Auch die Beschreibung der Geschichten aus Tausendundeiner Nacht wiederholt sich mehrfach, ebenso jene eines für Gisela so wichtigen Leuchters, den es eigentlich nicht gibt. Dieses Wiederholen selbst erinnert an wahnhafte Zustände, umgekehrt an ein ständiges Aufarbeiten und Überwinden dieser traumatischen Geschehnisse. Die rhetorische Figur Paronomasie ist als ein weiteres stilistisches Merkmal zu nennen, so wie „wie ein Ringelwurm in einem Kringel im Kreis (S. 43)“ zeigt, und die Figura etymologica als Spezialfall davon: „Züngelnde Feuerszungen (S. 40), „wie ein Kreisel […] gekreiselt (S. 29)“, oder schon der Titel Narziss und Narzisse. Den daraus resultierenden lyrischen Wesenszug verstärkt etwa der Neologismus „Albdruck“, in der Mehrzahl „Albdrücke“. Das Sprachspiel „verlor wortlos die Worte ihrer Sprache (S. 56)“ kann nicht nur dafür, sondern auch für einen weiteren wesentlichen Punkt beispielhaft genannt werden: den Verlust der Sprache oder die Unmöglichkeit des Findens der richtigen/passenden Worte, zentral bei allen Figuren, wie „etwas war in ihm geschehen, das noch nie zuvor mit ihm geschehen war, nur konnte er jetzt noch nicht so recht benennen, was es war“ (S. 94), oder „[…] Judith selbst, sonst nicht mundtot, hatte plötzlich nichts mehr sagen können. Es hatte ihr sozusagen die Sprache verschlagen […]“ (S. 137).
Der Titel erklärt sich aus einem Traum des fünfjährigen Kindes Judith, worin sie, die nun nicht mehr bei ihren Eltern, sondern bereits bei Clara lebt, ihrem Vater begegnet: „Dann sah sie Blumen aus dem Feuer wachsen. […] Aus den Blumen im Feuer wurden Narzissen, wunderschöne gelbe und weiße Narzissen, die Judith so gerne mochte […]. Mit einem Mal verwandelten sich die Narzissen in einen Menschen, in einen Mann, es war ihr Vater, der dort im Feuer stand und zu ihr herübersah. […] Ich bin der Narziss, rief er ihr zu, ich bin der Narziss, und du meine Narzisse. Dann ging er in Flammen auf und verbrannte im Feuer lichterloh.“ (S. 35) Aber es ist nicht der Hesse’sche Narziss, der hier auftritt, sondern ein von familiären Katastrophen zugrunde gerichteter Mensch, bei dem ein soziales Auffangbecken wie Freunde oder Verwandtschaft gänzlich fehlt, was in einer furchtbaren Einsamkeit ohne Halt und seinem frühzeitigen Tod mündet. Die Schicksalsschläge wirken in dieser Dichte auf eigentümliche Weise überzeichnet, fast ironisch, und die Lesenden stellen sich die Frage: Was kann hier noch alles hereinbrechen?
Ein tragischer Inhalt wird über einen anmutig leichtfüßigen Stil ausgebreitet, und dabei wird niemals zuviel, niemals zu wenig gesagt. Genau und perfekt abgewogen, wird die Erzählung nie langweilig, ist aber auch nicht rasant und als Folge platt, sondern macht genug Innensicht in die Protagonisten möglich und hat Tiefe, ohne auszuschweifen. Hier hat sich nicht jemand tollwütig ausgeschrieben, sondern die Sprache sparsam und punktgenau eingesetzt, ohne auf Beschreibungen von Stimmungen und detaillierte Figurencharakterisierungen verzichten zu müssen.