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Krummvögel

Eva Rossmann

// Rezension von Beatrice Simonsen

Nach vierzehn Kriminalromanen hat sich die Autorin Eva Rossmann einmal von Mord und Totschlag abgewandt, nicht aber von dem, was sie eigentlich interessiert: die Darstellung aktueller gesellschaftspolitischer Themen. In den Krimis ist es die Wiener Journalistin Mira Valensky, die gemeinsam mit ihrer bosnischen Putzfrau und Freundin so manchen Kriminalfall und auch sonstige Missstände aufdeckt. In Krummvögel gibt es zwar keine Leichen, wohl aber Missstände.

Wieder schlüpft Eva Rossmann in die Rolle der Ich-Erzählerin, diesmal heißt sie Anna und ist wie Mira – und wie die Autorin ehemals selbst – eine politisch engagierte Journalistin. Da sie nicht gern mit ihrer Meinung und auch mit Emotionen hinterm Berg zurück hält, hat sie den österreichischen Bundeskanzler mit einer Torte beworfen, um dadurch ihrem Unmut Ausdruck zu geben, dass er Flüchtlingsfamilien ausweisen und sich gleichzeitig im Fernsehen als Familienfreund inszenieren lässt.

Anna wird von ihrer Zeitung karenziert – das „Exil“ beschränkt sich nicht nur auf die Abgeschiedenheit des Weinviertels, sondern beinhaltet auch den Entzug von Internet und Mobiltelefon, sogar das Festnetz-Telefon und das Faxgerät verschwören sich gegen sie. Derartig „ruhig gestellt“ muss die quirlige Anna sich anderen Aufgaben widmen: Sie sucht nach „Krummvögeln“, rätselhaften Tieren, von denen sie nichts Genaues weiß, die aber ob ihrer Unbestimmtheit umso mehr Anziehungskraft auf sie ausüben. Wie nebenbei stößt sie im provinziellen Abseits zusammen mit ihrem Freund Hans auf innen- und außenpolitische Tatsachen, die ihr Blut wallen lassen. Nicht nur die rechtslastigen Wirtshaussprüche regen sie auf, immer wieder sind es Zeitungsmeldungen, die sie bei ihrer journalistischen Ehre packen und denen sie am liebsten sofort entgegnen möchte. Ohne große Verschleierungstaktik spielt Eva Rossmann dabei auf diverse schwarze Schafe österreichischer Politik an, ein „Graf Hochhügel“ kommt ebenso vor wie verschiedene von Schandtaten befleckte Minister und das ganze Netz von „Lobbying“ und Freunderlwirtschaft.

So wie Mira V. völlig unbeabsichtigt auf ihre Kriminalfälle stößt, wird dem Krimi-schema gemäß Annas Aufmerksamkeit durch die überraschende Begegnung mit einem libyschen Flüchtling auf einen Herrn namens Anton Corwald gelenkt. Wer nun das letzte Buch von Hans Platzgumer (Trans-Maghreb: Novelle vom Bauträger Anton Corwald, 2012) gelesen hat, dem wird dieser Name nicht unbekannt vorkommen. Ein Beibrief des Verlags bei Zusendung des Rezensionsexemplars erhellt die Verbindung zwischen den beiden Büchern: das Deutsch-Wagramer  Unternehmen AC WOHNEN sponsert jährlich das Erscheinen eines Romans im Limbus Verlag „im Sinne eines modernen Mäzenatentums“. Ob die Verwendung des Namens „Anton Corwald“ (als Link zu den Initialen AC) nun eine Auflage des Mäzens ist, erfährt man nicht. Jedenfalls ist die Idee, die literarische Figur von Buch zu Buch weiterleben zu lassen, originell. Gar nicht originell ist dagegen die Beilage eines mit „Krummvögeln“ bedruckten T-Shirts zum Buch. Wird erwartet, dass RezensentInnen die T-Shirts anziehen?

Zurück zur Literatur: Der Stil, in dem Eva Rossmann die Figur des in Libyen tätigen „Bauträgers“ in ihrem Roman wieder aufgreift, unterscheidet sich wesentlich von der eher melancholischen „Novelle“ Platzgumers. Rossmann bleibt sich in diesem Roman, der kein Krimi ist, nicht nur thematisch treu – bezüglich der Aufdeckung der gesellschaftspolitischen Missstände – sondern auch, was das lockere Mundwerk und die muntere Zivilcourage der Journalistin anbelangt. Mit leichter Selbstironie gewürzt verbreitet der Roman eine heitere Weinviertler Sommerstimmung, nur wenig verdüstert von Nachrichten aus der so genannten „GROSSEN Zeitung“ oder von verkappten Mitarbeitern der Staatspolizei, die nunmehr den modernen Namen „Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung“ trägt. Gelungen ist vor allem die Erdung der Journalistin Anna, die auf dem glatten Parkett der Innenpolitik ausgerutscht und im Weinviertel – der Wahlheimat der Autorin – auf inspirativ fruchtbarem Boden gelandet ist. Eva Rossmann wird mit dieser leichten, sommerlichen Lektüre, die der Gesellschaftssatire nicht entbehrt, ihre Fans sicherlich nicht enttäuschen. Ein aufmerksameres Lektorat hätte allerdings viele Fehler im Satz vermeiden können. Nichtsdestotrotz darf man gespannt sein, was Anton Corwald dank des Mäzens im nächsten Buch erleben wird.

Krummvögel.
Roman.
Innsbruck: Limbus Verlag, 2013.
222 Seiten, gebunden.
ISBN 978-3-902534-72-9.

Homepage der Autorin

Verlagsseite mit Informationen über Buch und Autorin

Rezension vom 01.05.2013

Originalbeitrag. Für die Rezensionen sind die jeweiligen Verfasser:innen verantwortlich. Sie geben nicht notwendig die Meinung der Redaktion wieder.

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