Da gibt es dann z. B. zu vier Fotos unter den Erinnerungsstücken nachzulesen:
13. Foto: Hinrichtung, 1941, mit Notiz auf Rückseite („Baumblüte in Serbien“ – das Foto zeigt erhängte Partisanen)
14. Foto: Deutsche Soldaten während einer Hinrichtung, Russland 1941/42
15. Foto: Deutsche Soldaten vor einer Kaserne in Deutschland, mit Notiz auf Rückseite („Mit klingendem Spiel in des Führers Krieg“)
16. Foto: Frau mit Kopftuch watet mit gerafftem Rock durchs Wasser, sie hat das Ufer fast erreicht, Titel: „Die Minenprobe“ (die Frau ist augenscheinlich Jüdin und wird unter dem Decknamen „Minensuchgerat 42“ geführt)…
Dennoch wirken solche Einschübe, so wuchtig sie auch den makaber-witzigen Ton des Textes immer wieder unerwartet kippen lassen, bisweilen etwas konzeptlos in den Text hineingestrickt. Neben den bis zum Schluss eher angedeuteten Fragen nach den Verwicklungen der Figuren in den Zweiten Weltkrieg, oder neben der universaleren Frage nach dem Tod selbst, werden weitere große „Weltprobleme“ in den Text integriert. Atomverseuchung, Umweltzerstörung, Artensterben, Weltende. Vom Himmel fallende Käfer und ein zusammenbrechendes Verkehrswesen begleiten Lokets Aufbruch und Reise nach Europa. Neben diesen auf Effekt setzenden Themen erlaubt sich Stavaric auch noch eine Satire über den Literatur- bzw. über den Literaturmessenbetrieb. Der Romanteil, der Rosis Entwicklung zur Fleischerin folgt, ist nämlich zu großen Teilen auf der „Internationalen Fleischereifachmesse“ in Leipzig angesiedelt, auf der die junge Protagonistin unterwegs ist, um sich ihren Traum zu erfüllen. Da sticht etwa das „blutrote“ Interviewsofa ins Auge, oder auch die Wahlen zur „Miss Fleisch“ und wahnwitzig anmutenden Diskussionsrunden internationaler Fleischer.
Dennoch ist der Roman keine böse Abrechnung mit dem Literaturbetrieb selbst, genauso wie er keine vehemente gesellschaftskritische Analyse über Naturschutz oder Menschenvernichtung und den Umgang mit dem Zweiten Weltkrieg ist. Er verweigert sich bis zum Schluss einer klaren Einordnung und bietet keine Interpretation seiner selbst an – ganz als möchte der Autor augenzwinkernd sagen: „Like it or not, I did it anyway.“
Wer auf Phantasie und schwarzen Humor gepaart mit Sprachspiel steht, wird auf seine Kosten kommen, sofern er im Hinblick auf eine fehlende stringente Handlung und die manchmal allzu langen Aufzählungen im Text ein Auge zudrückt. Spaß an dem Buch hat, wer sich auf den Spaß einlässt, und die Belohnung sind einige großartig verrückte und äußerst düstere Szenen dieser satirischen Apokalypse.