#Roman
#Debüt

Falsches Licht

David Krems

// Rezension von Spunk Seipel

Fotos längst vergangener Tage prägen unsere Erinnerung. Das Leben durch das Objektiv einer Kamera zu beobachten, in Bildern die Frage nach dem was war zu stellen, ist das Leitmotiv des Fotografen David Krems in seinem Romandebut.

In kurzen Kapiteln – die Linse scheint sich jeweils nur für einen Blick zu öffnen –erzählt er die vergangene Liebesgeschichte von Schotter und Tanja.
Schotter war einmal ein erfolgreicher Fotograf, der für Agenturen, Zeitungen und Modeagenturen gearbeitet hat. Aber mit dem Aufkommen der Digitalfotografie hat er den Beruf aufgegeben und führt mit dem ersparten Geld ein zurückgezogenes Leben. Krems schildert die Verweigerung eines Mittvierzigers, die sich verändernde Welt zu akzeptieren. Er hat keinen Ersatz für seine Berufung als Fotograf gefunden, er hat keine neue Liebe gefunden.
Doch Schotter wird aus seinem trostlosen Leben herausgerissen, als Sachs, der Witwer von Tanja auftaucht und von ihm alte, längst vergessene Fotos verlangt. Schotter ist sich nicht sicher, ob Sachs etwas von der Liebsaffäre zwischen ihm und Tanja weiß. Aber Sachs, der als brutaler, konspirativ agierender Geschäftsmann dargestellt wird, behauptet die Wahrheit über eine ganz bestimmte Frage nur auf diesen Bildern finden zu können. Was Sachs genau wissen will, lässt David Krems bewusst offen.
Zugleich taucht Alka, Tanjas Bruder auf. Schotter hatte ihn nie kennengelernt. Alka will Sachs wegen krummer Geschäfte, die dieser in der Nachrevolutionszeit in Bukarest gemacht hatte, verklagen. Dazu braucht er aber Beweise und hofft diese ebenfalls auf den Fotos von Tanja zu finden.
Zwischen den Rückblicken auf die Beziehung zu Tanja, die Schotter immer noch nicht verarbeitet hat, entwickelt sich eine Kriminalgeschichte um die Bilder, die vor allem für Schotter eine unerwartete Veränderung im Leben bedeutet.

Krems verarbeitet in der Geschichte seine Erfahrungen als Fotograf. Er nutzt die Arbeitsweise des Fotografen als Stilelement. So werden immer nur kurze Kapitel erzählt, in denen Ort und Zeit eins sind, wie auf einem Bild. Für ihn ist die Fotokunst nicht auf Schnelligkeit angelegt, sondern auf die sorgfältige Auswahl des Bildauschnittes. Welches Licht, welchen Film, welche Entwicklungsprozesse nutzt der Fotograf, um einen Blick auf die Welt zu werfen? Das Bild kann dadurch eine ganz bestimmte Wirkung bekommen, wie der Autor deutlich macht.
Krems greift dieses umständliche Verfahren auch in seiner Sprache auf. Die Erzählung, die er im Rückblick aus der personalen Erzählperspektive schildert, verliert so oftmals an Schwung. Der Titelheld Schotter wirkt dadurch unbeholfen. Der Autor verliert sich zuweilen in unwichtigen Details des Erzählstrangs, und sei es nur um zu schildern, wie er sich Kaffee macht.

Krems, der vollkommen auf Nebenhandlungen verzichtet, geht es in seinem Buch weniger um die Story als um den Blick auf die Welt durch Fotos. Wie wird die eigene Biographie, vor allem die Erinnerung daran, durch Bilder geprägt?
David Krems philosophiert darüber, ob man mittels Fotografien den Moment aus seinem zeitlichen Umfeld isolieren kann oder ob das Festhalten von Momenten bedeutet, dass man erst dadurch den Fluss der Zeit wahrnimmt. „In dem Moment, in dem man den Auslöser drückte, war immer schon alles vorbei.“ Und alles hat sich unwiderbringlich verändert.
Falsches Licht ist der Roman einer gescheiterten Liebesbeziehung und ein kleines Kriminalstück. Vor allem ist es aber der Versuch Fragen zur Fotografie und zu unserer durch Bilder geprägten Erinnerung aufzuarbeiten. Schotter hat in dieser Geschichte einen Weg zurück zum Leben und zur Fotografie gefunden. Und der Leser wird den Umgang mit seinen eigenen Bildern und Erinnerungen nach dem Lesen dieses Romans sicher neu hinterfragen.

David Krems Falsches Licht
Roman.
Wien: Picus, 2018.
208 S.; geb.
ISBN 978-3-7117-2060-3.

Rezension vom 12.03.2018

Originalbeitrag. Für die Rezensionen sind die jeweiligen Verfasser:innen verantwortlich. Sie geben nicht notwendig die Meinung der Redaktion wieder.

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