Ganz besonders hilfreich für alle, die sich wissenschaftlich mit dem umfangreichen Werk von Elfriede Jelinek befassen, ist die zweibändige Ausgabe der kommentierten Bibliographie zu Werk und Rezeption, einer erweiterten Fassung der Dokumentation aus dem Jahr 2004 und mit 1155 Seiten fast doppelt so umfangreich. In ihrer Einleitung formuliert Pia Janke den Anspruch der Publikation als „Grundlagenwerk, das Bibliographie, kompaktes Nachschlagewerk, Einführung, Arbeits- und Lesebuch in einem ist“. Und weil alle wissen, dass dieser Anspruch mit der Publikation (Redaktionsschluss Juli 2014) nur ein sehr verdienstvoller Zwischenbericht sein kann, da sowohl das Werk Elfriede Jelineks als auch die Rezeption weiter voranschreiten, klingt es erfreulich, dass das Entstehen einer Online-Datenbank in den nächsten Jahren Ziel der weiterführenden dokumentarischen Arbeit sein wird. Schon jetzt ermöglicht diese Publikation Einblicke in die Komplexität des umfangreichen Werks von Jelinek und den zeitgenössischen Literaturbetrieb.
Band 1 der Publikation enthält die erschienenen Werke von „Lisa Schatten“ (1967) bis zum Theaterstück „Das schweigende Mädchen“ (UA September 2014), die weltweiten Übersetzungen und die Interviews, Band 2 Werkbearbeitungen, wissenschaftliche und mediale Sekundärliteratur, Schwerpunktsendungen (Radio, Fernsehen) und Filme. Im Falle Elfriede Jelineks ist eine umfassende Sammlung ihres Werkes eine besondere Herausforderung, denn es gibt Texte, die in nicht immer leicht aufzufindenden Katalogen, Programmheften, Broschüren, Flugblättern etc. publiziert sind, und Texte, die nur im Internet veröffentlicht sind, und bisweilen können sie dann schon einmal im World Wide Web wieder verschwinden. Ganz besonders betrifft das Elfriede Jelineks rund 800 Essays, Statements, Interventionen und Reflexionen zu aktuellen gesellschaftspolitischen Themen, zu ästhetischen Fragestellungen und Kunstformen, die in kommentierter Form erfasst sind und einige sogar in Ausschnitten und Nachdrucken vorliegen.
Ein großes Verdienst dieser akribisch recherchierten Dokumentation, an der Verena Humer, Teresa Kovacs und Christian Schenkermayr mitgearbeitet haben, ist die Kommentierung und Vernetzung der einzelnen Einträge. Der umfangreiche Anhang enthält neben einem Werk- und Personenregister ein Schlagwortverzeichnis. Die Schlagwörter verweisen auf zentrale Motive, Themen und ästhetische Aspekte und verknüpfen gemeinsam mit anderen Hinweisen (Pfeile, Marginalien) die einzelnen Einträge. Die vielfältigen inhaltlichen und ästhetischen Zusammenhänge im Werk Elfriede Jelineks erschließen sich dadurch überaus lesefreundlich und zeigen, wie gattungsüberschreitend ihr literarisches Werk ist. So werden etwa bei Theaterstücken die Abdrucke, Aufführungen, Würdigungen und Hintergründe der Entstehung aufgelistet, Ausschnitte aus Programmheften etc. abgedruckt, diese optisch durch graue Schriftfarbe hervorgehoben, dazu wird u.a. auf Essays und Hörspiele verwiesen. Die inhaltliche knappe Kommentierung der Texte ermöglicht den LeserInnen erste Orientierungen für weitere Recherchen.
Der zweite Band beginnt mit der Aufzählung der Bearbeitungen von Jelineks Texten durch andere KünstlerInnen, die von Performances bis zu Filmen, Opern und Installationen reichen und überaus umfangreich sind und über den deutschsprachigen Raum weit hinausreichen. Im Kapitel Würdigungen wird neben der Auflistung von zahlreichen Preisen und Preisverleihungen auf Symposien und Schwerpunktveranstaltungen von Wien bis Shanghai und Tokyo hingewiesen. Nur kurz wird auf den Nobelpreis verwiesen, da diesem eine eigene Buchpublikation (Pia Janke: Literaturnobelpreis Elfriede Jelinek. Wien 2005) gewidmet ist und den Rahmen dieses Gesamtverzeichnisses gesprengt hätte. Übersichtlich geordnet listet die Bibliographie im umfangreichsten Teil des Bandes Sekundärliteratur zu einzelnen Werken, allgemeinen Aspekten bis zur Thematisierung der Rezeption auf.
Die zweibändige Dokumentation ist für alle Jelinek-LeserInnen und Jelinek-ForscherInnen ein unverzichtbares Nachschlagewerk, in das man aber auch nur hineinblättern kann und das mit den zahlreichen Abbildungen vom Jelinek-Autographen bis zu Aufführungsfotos interessante Einblicke in das einzigartige literarische Schaffen der Nobelpreisträgerin ermöglicht.