#Roman

Eine Chance zuviel

Jürgen Benvenuti

// Rezension von Anne M. Zauner

„Wenn mir jemand sagt, daß er schreibt, dann gehe ich sofort weg.“ Sprachs, ging weg und schrieb lieber selbst. Entstanden ist ein brandneuer Thriller mit dem ein wenig wackeligen Titel Eine Chance zuviel. Wenn hierzulande um Brenner, Polt und Co. viel Wirbel gemacht, wenn vom großen Aufschwung des Krimi in die E-Literatur gesprochen wird, sollte Jürgen Benvenuti nicht vergessen werden. Der kaum dreißigjährige Autor aus Vorarlberg hat bereits seinen siebenten Thriller vorgelegt und dabei nichts an Unterhaltung und Spannung, den wahren Insignien des Genres, eingebüßt.

Benvenuti verlässt sein vertrautes Parkett nicht. Auch diesmal mischen kleinere und größere Gangster eine namenlose Großstadt auf. Sie spielen mit dem Leben anderer ,als wärs gar nichts, und merken nicht, dass das Damokles-Schwert längst über ihnen selbst hängt. Nachdem der Oberligaspieler Lazlo Biscolli im letzten Thriller den finalen Abgang gemacht hat, wird der leere Sessel von einem ebenso gewieften Gangster namens Luis Penn eingenommen. Eine Chance zuviel konzentriert sich jedoch nicht auf ihn, sondern auf einen seiner „Männer“, den korrupten Kasinodirektor Teddy Dragna.

Wie einst Biscolli hat sich Dragna mit Brutalität, Unverfrorenheit und Schlauheit aus dem sozialen Nichts zum Kasinodirektor hochgearbeitet. Nebenbei füllt er seine Taschen als Geldverleiher. Kein schlechtes Leben. Aber eine äußerst kostspielige Geliebte und eine geschiedene Ehefrau mit hohen Unterhaltsansprüchen für sich und beider Tochter treiben ihn gegen die Klippen. Dragna verliert allmählich die Kontrolle. Er wird unvorsichtig. So nimmt er wider besseres Wissen das Angebot des windigen Unternehmers Alex Beck an, das Kasino als Geldwaschanlage zu benutzen, um einen Politiker zu bestechen. Und das hinter dem Rücken von Luis Penn!

Damit ist sein Schicksal besiegelt. Das Tempo des Thrillers steigert sich. Dragna ist nicht mehr zu retten. Das wird schnell klar. Luis Penn lässt einen psychopathischen Killer von der Leine. Die Frage ist nur, wen Dragna mit sich über die Klippen reißt.
Im Affekt tötet der Kasinodirektor seine schöne exotische Geliebte Keiko, Nummer eins, in cold blood ein wenig später Inspektor Foreckers Partner Mertz, Nummer zwei. Den psychopathischen Killer, Nummer drei, erledigt der Ex-Cop Domenico Gio, nunmehr rechte Hand und Geldeintreiber Dragnas. Kurze Atempause. Schließlich am Flughafen der Showdown: Teddy Dragna, Nummer vier, blickt in den Mündungslauf einer Pistole. Dann ist er tot, exekutiert von Inspektor Forecker, aus Rache am Mord an seinem Kollegen.

Finale. Zwei Gangster mussten ins Gras beißen, ein Polizist und eine schöne Frau. Einige andere Gangster bleiben ungeschoren. Ein korrupter Politiker gerät in die Mühlen der Steuerfahndung, Alex Beck hat sein Flugzeug gerade noch erwischt, und Domenico Gio, eine wunderbare Nebenfigur, ein einsam trauriger Träumer, verlässt, Sehnsucht im Herzen, mit seiner großen Liebe und einem Batzen Geld Benvenutis Großstadtdschungel. Das Geld gehört eigentlich Teddy Dragna, stammt von seinen Schuldnern, doch wen kratzt das, wer erinnert sich schon an einen toten Kasinodirektor? Und Domenico Gio hat, weiß Gott, eine Chance, eine richtige Chance, verdient.!

Jürgen Benvenuti Eine Chance zuviel
Roman.
Bergisch Gladbach: Bastei Lübbe, 2002.
333 S.; brosch.
ISBN 3-404-14699-9.

Rezension vom 09.04.2002

Originalbeitrag. Für die Rezensionen sind die jeweiligen Verfasser:innen verantwortlich. Sie geben nicht notwendig die Meinung der Redaktion wieder.

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