#Lyrik
#Audio

Donaustädter Mozart-Projekt: zartART

Christl Greller

// Rezension von Sabine E. Dengscherz

Mozart zum Lesen, Hören und Schauen. Multimedia sozusagen, auch wenn die KonsumentInnen in diesem Fall ganz ohne Computer auskommen. Zutaten statt dessen: Das Donaustädter Mozart-Projekt, 1 bequemer Fauteuil, 1 Stereoanlage. Und nun machen Sie sich einen literarisch-musikalisch-bildnerischen Kunstnachmittag. Ganz zart. Sachte mit den alten Komponisten!

Das Mozartjahr neigt sich dem Ende zu. Die Geduld des Publikums teilweise auch. Biografie und Opus eins bis unendlich sind rauf und runter gespielt, interpretiert, präsentiert und zum Besten gegeben, was aber trotz allem nicht immer das Schlechteste sein muss. Manche können Mozart nicht mehr hören. Der wiederum kann aber gar nichts dafür und auch leider nicht mehr gefragt werden, ob und wie er gefeiert werden möchte. Vielleicht genehmigen wir uns erst einmal eine Mozartkugel zum Nachdenken.

Wir schieben die CD ein und begeben uns 220 Jahre in die Vergangenheit. Das Buch nehmen wir mit. Es ertönen die Klänge alter Instrumente, Richard Fuller und Beate Edlinger am Fortepiano, Susanne Scholz an der Violine, Peter Trefflinger am Violoncello, ein wenig später auch Christina Stegmaiers heller Sopran. Die Sonne scheint ins Zimmer.

„Alles Mozart?!“ fragt derweil Milu Löff-Löffko in ihren Bildern, zeigt „wie unsensibel und pietätlos Mozart als Imageträger für buchstäblich ALLES herhalten muss.“ Ihr Bilderzyklus wächst noch immer …
„Wolferl als Engerl“, als nackter Knabe namens A&MozaRt, in voller Action am Klavier, Mozart mit Dornenkrone und Mozart mit seiner Familie und in anderer mehr oder weniger guter Gesellschaft. Noch ein paar Impressionen in Moll, vieles Ton in Ton und ebenso harmonisch wie modern – kommt Ihnen das bekannt vor? Und zwischendurch streckt Amadeus augenzwinkernd uns allen die Zunge heraus: „…liebe grüße – ihr mozart (und milu)“.

„bildzerstörer. der eigenen lieblichkeit ins gesicht springen“ meint Christl Greller dazu. In ihrem Lyrik-Zyklus „zartART“ versprachlicht sie Gedankensplitter rund um Mozarts Biografie und Schaffen. Hervorgehoben sind einzelne Stationen bzw. Impressionen wie salzburg 1756, wien 1762, london 1765, paris 1778, prag 1784. Der Titel ist Programm: mit ihren zarten Nervenenden spürt Christl Greller der Komponistenseele nach, auch wenn sie dabei manchmal doch auf Deftiges stößt. „der adretten hof-prüderie ordinärheiten auf die rüschenjabots patzen“ macht eben auch Spaß, hin und wieder.

Meistens geht es aber doch eher feinsinnig zu in den Gedichten. Der chaotische Kutschen-Stadtverkehr im London des 18. Jahrhunderts weitet sich aus zur Sinfonie: „tutto molto vivace“. Dagegen gehört „einsam dem heiligen im inneren gegenüberstehen“ ebenso zu zartART. Leben, sterben, Kinder kriegen und begraben, Nannerl und die Noten am Papier, der Klang im Kopf, das Schreiben, Fühlen, Freuen und die Qual. Was ein Künstlerleben halt so ausmacht: „genie ist keine seins-form. genie ist ein prozess“.

Der Sopran klingt noch ein wenig nach im Raum, die Bilder erinnern an die Zauberflöte, Don Giovanni und Figaros Hochzeit. Und auch an das Requiem. Stimmung zwischen Fröhlichkeit und Moll. Herbst und Stille. Ende der Vorstellung. Christl Greller fasst den Idealfall zusammen: „das ohr sieht farben, das auge hört melodien.“ Und die Sprache nimmt sich jetzt zurück.

Christl Greller Donaustädter Mozart-Projekt: zartART
Inspirationen, Impressionen, Interpretationen zu Mozart.
Lyrik-Zyklus, dazu Malerei und eine CD.
Eisenstadt: Edition Roetzer, 2006.
87 S.; geb.; Hochglanzpapier.
ISBN 3-85374-383-8.

Rezension vom 22.11.2006

Originalbeitrag. Für die Rezensionen sind die jeweiligen Verfasser:innen verantwortlich. Sie geben nicht notwendig die Meinung der Redaktion wieder.

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