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Die Träumer

Peter Truschner

// Rezension von Daniela Völker

Die Träumer, der neue Roman von Peter Truschner (Schlangenkind, 2001) ist ein Buch, das viel will; irgendwo hat man jedoch die Geschichte, die hier erzählt wird, auf die eine oder andere Weise schon einmal gehört: Zwei Protagonisten, männlich und weiblich, verbunden durch das unsichtbare Band der Ehe, stehen im Mittelpunkt des Geschehens. Der männliche Part namens Robert kommt unter mysteriösen Umständen ums Leben, seine Frau Iris begibt sich auf die Suche nach der Todesursache und damit auf die Suche nach dem wirklichen Wesen Roberts. Schnell muss Iris erkennen, dass Robert nicht der Mann war, den sie zu kennen glaubte. Robert führte ein regelrechtes Doppelleben, das erst durch seine Kündigung an der Universität und durch das Karrierebewusstsein seiner Frau möglich wurde.

Wie in vielen anderen Romanen sieht dieses Doppelleben in erster Linie so aus, dass Robert Iris betrügt, immer wieder und seit langem. Aktuell trägt die Geliebte den Namen Kati und er fragt sich beim Sex „Warum war er dabei so glücklich?“. Das alleine wäre aber ein wenig zu trivial. Also lässt Truschner seinen Helden nach der ausgesprochenen Kündigung durch die Straßen der Stadt irren und schickt ihn auf eine Reise zu den Abgründen der Gesellschaft: Robert beobachtet Obdachlose, Straßenkinder und andere Randgestalten. Seine Wege führen in viele Richtungen, enden oft in einer Sackgasse. Begonnenes wird nicht weiterverfolgt, vieles endet, bevor es begonnen hat. Die soziologischen Beschreibungen muten fast naturalistisch an – in diesen Szenen gelingt es Truschner, die Düsternis der sozialen Milieus, die er beobachtet, auf den Leser zu übertragen.

Schließlich gerät Robert auf seinen Streifzügen an eine ominöse Organisation, die unter dem Deckmantel der Sozialarbeit junge Männer zu Söldnern ausbildet und auch Robert für ihre Zwecke missbraucht. Als die Führerfigur Voß erkennt, dass Robert für ihn unbrauchbar ist, treibt er ihn in den Tod. In seinen letzten Minuten resümiert Robert: „Alles scheißegal“ und zeigt damit, dass es ihm selbst in dieser Extremsituation seines kurzen Lebens nicht möglich ist, etwas anderes zu sein als ein Versager, der nicht in der Lage ist zu handeln und das Stadium der Passivität zu verlassen.

Das Geschehen wird aus zwei Perspektiven erzählt – zum einen zeitnah aus der Perspektive Roberts – und dann aus der Sicht von Iris, forschend nach Roberts Tod. Man könnte von einer Perspektive des Lebens einerseits und des Todes andererseits sprechen. Das könnte Spannung erzeugen, tut es aber nicht; zu verwirrend und verschwommen sind die Übergänge. Sprachlich orientiert sich Truschner am jeweiligen Milieu, in dem sich sein Protagonist gerade aufhält. Die Sprache des Romans kommt so durchaus intellektuell daher, wenn sich Robert in seinem „alten“ Leben (Universität, Ehe) aufhält, auf der anderen Seite, im anderen Leben, ist sie entsprechend vulgär („pissen“, „scheißegal“).

Die Themen und Probleme, die Peter Truschner in Die Träumer anspricht, sind ambitioniert und wirken in ihrer Anhäufung doch beliebig: Die Kriegslust, das Vorherrschen von faschistischen Strukturen in unserer Gesellschaft, das System Universität, die Konkurrenzsituation in der Ehe (Robert, der Loser, hat ja als Gegenpart eine beruflich erfolgreiche Frau), das Aufrechterhalten von gesellschaftlichen Normen, die Anonymität in Ehe und Gesellschaft, die Passivität im Kampf gegen Armut und Ungerechtigkeit …. Auch wirken Truschners Charaktere letztlich nicht überzeugend: zu vieles bleibt im Dunkeln – Iris‘ Gefühle nach Roberts Tod zum Beispiel -, so dass beim Lesen schließlich das Interesse an den Figuren zunehmend versiegt.

Die Träumer.
Roman.
Wien: Zsolnay Verlag, 2007.
251 Seiten, gebunden.
ISBN: 978-3552053267.

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Rezension vom 19.06.2007

Originalbeitrag. Für die Rezensionen sind die jeweiligen Verfasser:innen verantwortlich. Sie geben nicht notwendig die Meinung der Redaktion wieder.

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