Zauner macht es den Lesern (und Kritikern) auch in seinem neuen Buch schwer. Mit Inhaltsangaben der zehn Prosastücke (die Titel haben wie: „lufthundewasser hat zunge in meinen mund hinein rausgestreckt“ oder „schutzhüllen bitte fürs supergeile hochgurtgerümpelgelage im flex“) brauche ich erst gar nicht anzufangen, geht nämlich nicht. Schon der Titel mutet ungewöhnlich an: die ofensau muss raus. Was bedeutet das? Am Ende des Buches findet sich eine mögliche Erklärung: „die ofensau muß raus weil sonst das eisen zusammengeschmolzen wird so steht es am eingang des stahlwerks das vor unseren augen tango zu tanzen beginnt.“ Aha!? Ist doch logisch, oder?
Nichts ist logisch bei Zauner, obwohl sich im Text oft Konjunktionen wie weil, also, dadurch finden, die doch eigentlich dem menschlichen Hirn angenehme, weil logische Schlussfolgerungen und Gründe bieten und somit Licht ins Dunkel bringen. Das Problem bei Zauner: Subjekt und Objekte werden munter vertauscht, sodass erst recht wieder kein Sinn erzeugt werden kann. Der titelgebende Text fängt folgendermaßen an: „mit neuer spielzeugbank täter beraubt. so fuchtelt das bild in der pistole wild umher und findet keine öffnung mehr.“ Einige Absätze weiter heißt es: „pistole von café überfallen. schauplatz war ein 1000 euro schein.“ Solche Textschablonen kennt man aus den Allerweltsmeldungen in Zeitungen, wenn von Banküberfällen, Hundebissen, Verkehrsunfällen erzählt und dem Leser eine falsche Aktualität vorgegaukelt wird.
Zauner spielt in seinen Texten mit solchen Hülsen, auch mit den marketinggerechten Modewörtern, die er einfach auseinandernimmt und dadurch wirkungslos macht. In seiner Prosa arbeitet „ein gerät zum aufreißen der wörter. ein gerät zum auseinandernehmen der wortorgane. ein gerät zum zersägen der schriftknochen. eine maschine zum keltern von wortwein. eine maschine zum mumifizieren von wortleichen.“
Zauners Texte liefern keinen offensichtlichen Sinn, deswegen aber nicht autormatisch schlichten Unsinn. Sie sind wohl geformt, nicht einfach durch einen Zufallsgenerator gepresst worden. Hier steht nichts beliebig nebeneinander. In diesem Sinne könnte man sagen, dass Zauner „Un-Sinn“ produziert, das heißt den gewohnten Sinn vorsätzlich konterkariert. „welche geschichte will denn hier erzählt werden.“ heißt es im Text „öffnung krach fluggebirge sind aufgesprungen“. Bemerkenswert, dass das Fragezeichen fehlt, sodass eine Antwort überflüssig ist: natürlich werden tausend und keine erzählt. Alles ist möglich! „bekannt wurde ich also als worteaufschlitzer. ich bin der einzige dem es gelingt worte aufzuritzen.“ Heraus kommen bei diesen Unternehmungen solch originelle Wortschöpfungen wie aufknetschwabbelauto, durchgackerköder, worttrichterkniebeugenkugeln, oleanderlöffelmesser, krachstückpolitreden, lärmfadenausrutscher, wortbauchkapuzen und so weiter.
Wer Zauner zu sich nimmt wie ein x-beliebiges Stück „normaler“ Literatur, wird enttäuscht sein und nach wenigen Seiten Lektüre scheitern. Es gibt keine rekonstruierbare Geschichte, keine Figuren, die Konturen annehmen würden, da hilft auch Weiterblättern nicht, Zauner zieht sein Ding 160 Seiten lang gnadenlos durch. Rationales Lesen ist nicht gefragt, hier müssen andere Lesestrategien angewendet, andere Erwartungen formuliert werden. Zauners Text bietet dem offenen Leser schräge Ansichten, viel Wortmaterial, in dem tief geschürft und gegraben werden kann, Bruchstücke, die zum Weiterdenken anregen. Die Lektüre von die ofensau muss raus befreit den Leser von üblichen Lesegewohnheiten und erzeugt schöne, ungewöhnliche, inspirative Lesemomente. Zauner ist mit Sicherheit ein singulärer Autor in Österreich, er schafft ein einmaliges Werk, das nicht nach links und rechts schielt. Diese Konsequenz verdient Beachtung und Anerkennung.