Die Irrfahrt des jungen Ich-Erzählers beginnt in Wien. Dort kündigt er aus einer Laune heraus seine Arbeit in einer Partnervermittlungsagentur. Die Beziehung zu seiner Freundin Conny läuft nicht besonders rund: „Warum, dachte ich, ist es mir nie möglich, in der Gegenwart einer Frau so zu sein, wie ich bin, wenn ich allein bin?“ Er denkt, nimmt seine Umwelt nur vermittelt wahr, den direkten Draht zum Leben findet er nicht. Ständig vergleicht er, ordnet ein, und irgendwann beißt sich die Katze in den Schwanz: „Das Zischgeräusch beim Aufschrauben der Mineralwasserflasche klang genauso, wie mein Seufzer über die Vorhersehbarkeit dieses Geräuschs geklungen hätte.“
Um der Ereignislosigkeit der Tage zu entfliehen, reist er mit Conny auf eine Insel. Die Harmonie will sich aber nicht einstellen. Während Conny baden geht, bleibt er lieber im Ferienhaus, im Dunkeln und verweigert das Urlaubsglück. Das „hysterische Sirren der kopulierenden Fliegen“ macht ihn fast verrückt, er onaniert, während Conny am Strand liegt. „Meine Aggressivität steigerte sich von Tag zu Tag. Als ich einmal am Morgen meinen Tee umrührte und er ein wenig über den Rand der Tasse schwappte, wurde ich so jähzornig, daß ich immer heftiger darin umrührte, bis fast der ganze Inhalt auf den Tisch und meine Hose gespritzt war.“ Im Rausch zeichnet er sein Glied mit Hakenkreuzen voll und bedrängt Conny: „Willst du nicht ficken?, hörte ich mich lallen, und dabei trafen sich meine Augen im Spiegel über dem Waschbecken, und ich war fasziniert von der Grausamkeit, die ich in ihnen sah.“ Überhastet flieht er aus dem Inselparadies, lässt Conny zurück.
In der heimatlichen Wohnung hält es ihn auch nicht lange, er packt seine Sachen in zwei Plastiksäcke und flüchtet mit dem Auto weiter. Sein Ausbruchsversuch endet, nachdem er einen Fuchs angefahren hat, an einem Baum. Leicht verletzt schleppt er sich durch die Einöde und zieht sich wie ein verwundetes Tier in eine Hütte zurück, wo er seine Gewaltphantasien auslebt.
Xaver Bayer zeichnet in seinem Roman das Porträt eines Helden, der aus Angst vor Festlegungen in den Irrsinn drängt, der Hass empfindet, wenn andere Menschen „funktionieren“. „So let us not talk falsely now, the hour is getting late“, die berühmte Textzeile aus „All along the watchtower“ von Bob Dylan kommt einem bei der Lektüre in den Sinn: Es geht ums Eingemachte, es geht ums Ganze, um Macht und Unterwerfung, Tod und Sexualität. Der Held wird in seinem Sehnen nach Auslöschung gezeigt, sein Ziel ist schlicht die totale Degeneration, das Rückgängigmachen des ganzen Lebens, die Festplatte neu zu formatieren.
Natürlich denkt man beim Thema Sexualität vor allem an die aktuelle französische Literatur. Im Unterschied zu diesen oft voyeuristischen Werken stellt Xaver Bayer radikal und schonungslos die Beziehungen zwischen Sexualität und Macht ins Zentrum seines Erzählens. Die Alaskastraße ist ein Roman, der viel Aufmerksamkeit erhalten wird und gelesen werden muss.