Schwerer Themen nimmt sich der Autor mit dem Roman an: da sind Judentum, Assimilation, Exil, Identitätsverlust bzw. plurale Identitäten, Religionsphilosophie und ein Gott, der sich dem Protagonisten gleich mehrere Male offenbart, bzw. ihn zu seinem Werkzeug macht. Diese religiöse Thematik wird neben den nahezu unverschlüsselten biblischen Zitaten, die zu Handlungen des Romans gemacht wurden, auch durch zahlreiche Namen markiert: Ester, Moses, Maria Magdalena, etc.
Die Handlung des Romans ist auf verschiedenen zeitlichen und räumlichen Ebenen angesiedelt: in Österreich bzw. einer Stadt namens „Salzstadt“, die unschwer den Geburtsort des Autors markiert, in Cafés, die bedeutungsschwangere Namen wie „Eden“ und „Angelina“ tragen dürfen, in Israel oder in der Luft spielt sie sich ab, die „Geschichte“, die der Protagonist der Geschichte seiner Tochter nacherzählt. – Und in Träumen, in Erinnerungen, Gedanken, Halluzinationen.
Der Protagonist erfreut sich eines bereits eingangs erwähnten bedeutungsschwangeren namens: Moses Mandelbaum, von seiner Frau auch liebkosend Moische genannt. Seine sehr diesseitigen Berufe – denn er geht dreien nach, um sein Leben zu finanzieren – sind: Versicherungsmakler, Ersatzkoch und Reinigungskraft in einem Verlag. Fest verankert im Hier und Jetzt, ein, wie der Leser später erfährt, assimilierter Jude ist Moses, und hat dementsprechend mit Religion wenig am Hut. Bis er, bereits auf den ersten Seiten des Romans, eine höchst merkwürdige Begegnung hat: in seinem Stammcafé „Eden“ trifft er einen Mann, der „nicht von dieser Welt“ ist, eine des Fliegens mächtige Engelsgestalt, die sich einige Seiten später als Erzengel Gabriel vorstellt. Gabriel verspricht ihm ein Erlebnis der besonderen Art und daran gebunden einen speziellen Auftrag: unter der Voraussetzung, dass er vorher das Fliegen lernt, wird er schließlich selbst als Engel in die Konfliktzone Israel-Palästina versandt.
Die Reiseerzählung variiert zwischen den Ebenen Traum und Wirklichkeit, die Realität des modernen Israel wird in wenigen Bildern als von Gewalt dominierte Zone, der Konflikt als aussichtslose Ewigschleife der Gewalt inszeniert. Dabei wird die Handlung mit Geschichten des alten Testaments parallel geschaltet, die sich ebenfalls wiederholen – Moische wird dabei die Rolle des biblischen Moses zugeteilt. Bereits der Titel verspricht ja solch eine religiöse Unterfütterung: der brennende Dornbusch wird in der Handlung nicht nur als Erzählung aus der Bibel, sondern als tatsächliches Erlebnis des Protagonisten, das seine Handlungen bestimmt, montiert.
Die selbstironischen, in knappen Sätzen gehaltenen Einschätzungen des Ich-Erzählers können als gelungen gelten, es erfreut z.B. den Lesenden der leise Sarkasmus bereits auf der ersten Seite: „Mein Name ist Moses Mandelbaum, Versicherungsmakler für alles und jeden, in erster Linie. Aber ich habe noch andere Berufe. Das ist jetzt modern, aber schafft Probleme mit einem einheitlichen Berufsbild. (…) Manche mit fünf Jobs sagen, ich sei wohl nicht flexibel genug.“
Der Wechsel zwischen dem trockenen Humor des Ich-Erzählers Moses/Moische und den lyrischer gehaltenen Passagen des Romans, welche Gewalt, Religion, Transzendenz thematisieren, ist allerdings teilweise allzu brachial inszeniert. Auch der Darstellung des politischen Konfliktes zwischen Israel und Palästina mangelt es an Schärfe, vielschichtiger Reflexion und sprachlich spannender Umsetzung, dabei ist die Konzeption des Romans hochkomplex strukturiert – ein Schachtelsystem, das zahlreiche Ebenen von Zeit und Ort zu verflechten versucht.
Ja, etwas ratlos, aber um einige Gedanken und Lacher reicher lässt einen der Roman von Hans Augustin zurück.