Paul Elbogen, 1894 geboren und in Wien aufgewachsen, hatte als Schriftsteller und Journalist und vor allem als Herausgeber der Anthologie „Liebste Mutter. Briefe berühmter Söhne an ihre Mütter“ in Österreich und Deutschland einen bekannten Namen. Durch die Hitleraner zur Emigration gezwungen, blieb er nach dem Zweiten Weltkrieg im deutschsprachigen Raum nur Spezialisten bekannt. Die Bestätigung, dass die „Elbogensche Hypothese“ also nicht vom Solipsisten Schmidt erfunden wurde, lässt sich jetzt bequem in Paul Elbogens autobiographischem Band Der Flug auf dem Fleckerlteppich nachlesen. Es handelt sich dabei nicht um eine Autobiographie oder Memoiren im traditionellen Sinn, sondern eher um ein Patchwork, einen Fleckerlteppich eben. Er enthält „Abenteuer, Kuriosa, Raritäten aller Art, Bildnisse, Portraits chargés oder Karikaturen irgendwie bemerkenswerter Personen“. Elbogen schreibt selten ohne Ironie, sein Ausdruck ist lebendig, auch wenn manche Wörter („Hosenneger“) daran erinnern, dass der Autor vor über hundert Jahren geboren wurde.
Das sorgfältig edierte Buch kommt mit einem ausführlichen Nachwort und einem nützlichen Personenregister, in dem die Leserinnen viele Berühmtheiten der Zwischenkriegszeit entdecken können. Paul Elbogen hat als Sohn einer gutbürgerlichen Familie Kontakte zu vielen Menschen und ein gutes Gedächtnis für Anekdoten. Fasziniert hat mich Elbogens Bekanntschaft mit dem jüdischen Landstreicher Leopold Hilsner, der des „Ritualmordes“ an zwei Mädchen beschuldigt jahrelang unschuldig in österreichischen Kerkern einsaß. Elbogens Vater hatte mit einem Gnadenappell an den Kaiser das Aussetzen der Todesstrafe erwirkt.
Besonders im Gedächtnis geblieben sind mir auch die köstliche Begegnung mit Alban Berg und die Bewunderung für Charlie Chaplin. Überhaupt hat Elbogen einiges über Hollywood zu berichten, war er doch für Billy Wilder tätig. Paul Elbogen hat einen starken Hang zum Seltsamen, zum Zufall, den er vor allem in seiner (und seiner Frau) dramatischen Rettung vor dem Holocaust am Werk sieht. Aber gerade die nicht sonderlich reflektierte Art, wie Paul Elbogen über seine Erlebnisse schreibt, ermöglicht einen Zugang, der nahe geht. Das tut auch das Gedicht „Ankunft“, das rein literaturkritisch betrachtet keine Entdeckung darstellt. Mit ihm endet der Quilt an Erzählungen:
„Wir ankern endlich in dem Hafenarm. / Schon sieht man Häuserturm und Autobus. / Die Freiheitsstatue hebt zum Gruß den Arm, / Zum erstenmal ist es kein Hitlergruß.“