Seine Herkunft ist an Räume und Orte und brütende Sommer geknüpft, denen Menschen den Rücken gekehrt haben, um in die Stadt zu ziehen, weil dort „die Abende länger sind/und die weiten Alleen/die fallenden Wolken auffangen“. Teissls „poétique de l’espace“ ist vom Atem des Südens durchdrungen, der Wein und Traum in die Landschaft der Kindheit trägt. So erstaunt es nicht, dass diese Verse vielfach aus surrealen Impressionen komponiert sind, wie sie Erwachende zu berichten wissen. Dabei bedient sich der Dichter des konventionellen Bildinventars der Lyrik. Gesang, Regen, Vögel, Himmel, Sommer, Meer, Augen und Wort geben den Ton an und schaffen eine poetische Stimmung, die bisweilen wie Make-up aufgetragen scheint, unter dem sich das Gesicht des Dichters abzeichnet. Seine Stimme, die kräftig und selbstsicher klingt, berührt allerdings dann am tiefsten, wenn aus all den Lese- und Schreiberfahrungen jäh eine Vision zum Vorschein kommt, die ernster und authentischer nicht sein könnte. Dann „bricht eine Frau/aus deiner Nachbarschaft/mit ihren kalten Händen/deinen Brustkorb auf/und lässt den Vogel frei/der darin eingekerkert war/seit deinem ersten Schrei“.
Wer so dichtet, schafft eine Aura, der man sich nur schwerlich entziehen kann. In Versen wie diesen findet die Begegnung zwischen dem Dichter und den Rezipienten statt. Da hören Wörter auf, zu sagen und zu zeigen, sondern packen und rütteln auf, wie es zartbesaitetes Silbenzählen nicht vermag. Dies geschieht sporadisch und erzeugt Bestürzung und Bewunderung zugleich – wie etwa in der Hommage an Federico Fellini: „Jemand der dein Vater war/zu einer andern Zeit/und der dein Mörder sein wird/morgen/greift nach einem Messer/schält die Sonne ab/schneidet sie in kleine Stücke/und schiebt dir jedes in den Mund.“
In solchen Augenblicken erreicht Teissls Dichtkunst eine Meisterschaft, welche die zu früh angestimmten Gesänge der Vergänglichkeit verblassen lässt, ja sie gefährlich in die Nähe der Pose rückt: „Was von den Sätzen Bestand hat/die einer der niemand gewesen sein wird/auf die Zellentür schrieb/als die Schwäre die ‚Sommer‘ hieß/nicht verheilte.“
Teissl hat, um seinen französischen Gewährsmann Saint-John Perse zu zitieren, „die Macht der Zeichen und der Träume“ fraglos erlangt. Himmel und Meer, Aufbruch und Erwartung haben ihr lyrisches Tagwerk vollbracht. Jetzt gilt es, neue Horizonte zu erobern und dem Publikum nahe zu bringen. Wir spüren, wenn das Leben die Literatur durchströmt und aus der Tiefe des Erfahrenen einen Text belebt. Das große Regenalphabet ist das Werk eines sensiblen Ästheten, der schon eine weite Strecke zurückgelegt hat. Es lässt keinen Zweifel offen, dass wir es mit einer großen Begabung zu tun haben.