Dieser österreichische Avantgardist, im Übrigen einer unserer wenigen, ist nicht nur imstande, seine Sprache aufzuschichten, sondern palimpsestartig auch die anderer. Er ist ein Dichter, dem schrille Farben und Töne fremd sind, er ist ein Dichter, dem die Sprache vertraut und nahestehend ist und der mit ihr in den besten Fällen spielen kann. Er gehört zu jenen seltenen Wortkünstlern, die auf subtile und eigenwillige Weise, wie gesagt, das Erbe der österreichischen Avantgarde „weiterschreiben“. Und um es noch einmal anders zu sagen, er spielt auf der reichen Klaviatur der deutschen Sprache virtuos, so auch im gehörten feuer, in dem er unscheinbare Nuancen, das heißt, Sprachabtönungen, zum Klingen bringt.
Im neuen Band, einem Glanzstück, begegnet Ferdinand Schmatz in Annäherungen und Verwandlungen der orphischen Motive – in einer eigenwilligen Auswahl beziehungsweise Zusammenstellung – drei überragenden Künstlerpersönlichkeiten des vorigen Jahrhunderts, und zwar dem italienischen Filmregisseur sowie friulanischen Dichter Pier Paolo Pasolini (Poesie a Casarsa, 1942), der exemplarischen Hollywood-„Ikone“ Marilyn Monroe und dem Opernsänger Joseph Schmidt, der auf der Flucht vor dem Nazi-Terror sein Leben verlor.
Beginnend am Ursprung des Mythos, jenem Ort, an dem die Sprache geboren wird, breitet Ferdinand Schmatz seine präzisen Prosaskizzen und sinnlichen Gedichte aus. Sanft zieht er den Gesang des Orpheus ein. In der Berührung mit dem dichtenden Ich schillern die Figuren in ihrer poetischen Inszenierung – in ihrem immer vergeblichen Versuch, durch die Kunst den Tod zu überwinden.
Es ist, wie man so schön sagen kann, kein „leichtes“ Buch, das Schmatz geschrieben hat. Im Gegenteil, es ist ein vieldimensionales Sprach-Feuer-Werk, es ist eine magische und klangvolle Lektüre, ein Erlebnis, das man nur adagio erleben und –lesen darf. Jedenfalls sollte. „der schreibende sucht nach wort- und/ bild- und klang-bezügen“ (S.6). Er „liest in ovids metamorphosen und/ schaut videos von paolo“ (S.27). Er schreibt Prosaskizzen und Gedichte. Und wie. In der europäischen Literatur kenne ich nur ein weiteres Buch, das derart außerordentlich und geglückt ist, nämlich die Eingewebte Spur des slowenischen Meisters Niko Grafenauer.
„der schreibende liest weiter in der biographie/ zu joseph schmidt“ (S.83), „der schreibende liest zu schmidts tod“ (S.85), dann liest „der schreibende … über marilyn monroe“ (S.170), immerzu liest er, um über Paolo, Joseph und Marilyn schreiben zu können. Er hat geschrieben, „um zu klingen auf/ nach dir sich zu drehen am offenen/ feuer zu sehen, was schatten sind/ ihre, im mund dann zu zeigen des auges gesang“ (S.246).
Wendelin Schmidt-Dengler hat gemeint, Ferdinand Schmatz sei „sensibel und nicht gefühlsduselig“, er sei „witzig und nicht spaßig, genau und nicht spröde, rätselhaft und nicht unklar, subjektiv und nicht diffus, formbewusst und nicht formalistisch“, was wie ein letztinstanzlicher Spruch auch für das gehörte feuer stehen bleiben soll.