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Blöde Kaffern, dunkler Erdteil

Werner Kofler, Antonio Fian

// Rezension von Karin Cerny

In einem Punkt sind die drei in diesem Band versammelten Hörspiele den Dramoletten von Antonio Fian verwandt – mit einem hohen Wiedererkennungseffekt muß man rechnen. Wie Strandgut tauchen Sätze auf, die bereits anderswo angeschwemmt wurden, in Zeitungen, in Interviews, oder im Fernsehen. Sätze, die im neuen Rahmen noch absurder wirken, als sie ohnehin bereits sind, denn plötzlich liegt ihr Kern nackt und in voller Peinlichkeit vor einem. Das soll jemand allen Ernstes gesagt haben. Unglaublich.

Die beiden Autoren Werner Kofler und Antonio Fian gehen aber noch ein Stück weiter, sie hinterfragen das Genre „Hörspiel“, stellen es vor, und gleichzeitig persiflieren sie es, zeigen, was es an „Ladenhütern“ auf diesem Sektor gibt. Da wären die knorrigen, schulterklopfenden Abenteurergeschichten aus den prüden 50er Jahren, „Rolf Torrings Reiseabenteuer“, die nur so vor Sexismen und Rassismen strotzen. In „Blöde Kaffern, dunkler Erdteil“, dem ersten Hörspiel, treffen wir auf zwei Forschergenerationen. Hans Warren jun. und Rolf Torring jun. reisen auf den Spuren ihrer Väter nach Afrika, begleitet vom „treuen“ Einheimischen Pogo. Endlich soll das Rätsel des „Schlangenecks“ gelöst und ein einst verschollener Professor wiedergefunden werden. Ein Geheimnis jagt das andere, eine Enthüllung führt zur nächsten Verwirrung. Doch Afrika – soviel ist gewiß – bleibt so klein und heimelig wie ein gutbürgerliches deutsches Wohnzimmer.

In „Der Erlöser“ kommt ein Simulator zum Einsatz, der Geschichten und Biografien generiert. Zwei Ghostwriter verfassen die Autobiografie eines „allseits bekannten falschen Propheten und Propheten des Falschen“ (S. 38). „Sisyphos“, so heißt das Gerät, erzeugt neben einer astreinen christlichen Schöpfungsgeschichte auch zuerst die passende Freudsche „Urszene“, das Trauma, um dann seine künstlerische Verarbeitung folgen zu lassen. Wer jener Größenwahnsinnige ist, der „dem Chinesischen Volk seine Kultur nahebrachte“, der die weltweite Diktatur der Phantasie errichtet, der Thomas Bernhard „ermöglichte“, ist unschwer zu dechiffrieren. Lediglich die beigelegte CD gibt sich dezent und geht keinen der Indizien nach – die wahren Abenteuer bleiben lieber im Kopf.

„In der Reihe ‚die Regionen Europas im Hörspiel‘ hören Sie heute: Lombroso in Leibnitz oder Der afrikanische Bruder“ beginnt in der Welt der braven Schulfunksendungen – Wir präsentieren große Söhne der Heimat – und endet in Talkshows (Rudi Carell). Stars sind (oder zu Stars gemacht werden) die Mitglieder einer steirischen Verbrecherfamilie. Nach einem unerwarteten Sieg bei der „Jack-Unterweger-Gedächtnis-Ralley“ macht der Familienclan Medienkarriere. Dann aber wird in einer typischen Wir-bringen-zusammen-Show ein dunkles Geheimnis aufgedeckt – es gibt ein weißes Schaf in der Familie.

Alle drei Hörspiele resultieren aus genau beobachtetem Zeitgeschehen, zudem reflektieren sie, wie Geschichte und Geschichten gemacht werden. Wer hat das Sagen, und wie verändert das den Inhalt. Sie sind Gesellschaftssatiren im besten Sinn, unterhaltend, entlarvend und gewitzt. Man muß sie nicht unbedingt hören, sie entfalten auch beim Lesen ihre Stärken, denn manche wahren Abenteuer – da haben sogar falsche Propheten recht – sind wirklich Abenteuer im Kopf.

Werner Kofler, Antonio Fian Blöde Kaffern, dunkler Erdteil
Drei Hörspiele.
Wien: Sonderzahl, 1999.
105 S.; brosch.; m. Beil. (CD).
ISBN 3-85449-134-4.

Rezension vom 03.08.1999

Originalbeitrag. Für die Rezensionen sind die jeweiligen Verfasser:innen verantwortlich. Sie geben nicht notwendig die Meinung der Redaktion wieder.

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