Wer die intertextuell angereicherte Lyrik auf sich wirken lässt, gerät unweigerlich in den Bann von Zorn und Wehmut, die Walls luziden Blick beherrschen. Längst haben nämlich die zweifelhaften Segnungen des „global village“ das ländliche Rückzugsgebiet des Mühlviertels erreicht, in dem der Dichter lebt, und schmerzliche Umbrüche eingeleitet. Erschüttert reagiert Wall dabei auf den Verlust von vertrauten Landschaften, lieb gewonnenen Ritualen und menschlicher Wärme. Schonungslos denunziert und dekonstruiert er aber auch Macht- und Sprachmissbrauch, die medial Hand in Hand gehen. Sich auf die Seite der Verlierer schlagend und für diese Partei ergreifend, bleibt dem Künstler – wäre da nicht der Kreis der Familie und Freunde – oft nur der Rückweg in die Vergangenheit, der sich näher besehen als Sackgasse erweist: „Der Fluß der Zeit/riß die Sterne mit sich/die Strohpuppen und Stuten.“
Daher erstaunt es nicht, wenn das lyrische Ich stets aufs Neue von Abschied und Vergehen erzählt, weil „es keinen Trost gibt außer dieses Gehen“. Auf kontemplativen Wanderungen durch die Natur, die sich nirgends dem menschlichen Zugriff entziehen kann, entstehen berührende Verse, die zum Wiederlesen anregen. Dort, wo „dieses Ungeheuer Lärm“ verstummt ist und das sich einfühlende Denken intakt lässt, gelingt es Wall, seine Ergriffenheit poetisch überzeugend zu vermitteln. Wenn er sich allerdings gegen den Zeitgeist empört, dann gerät er mitunter auf prosaisches Terrain. Dann tauchen stereotype Diagnosen auf, dann wird analysiert und erklärt, anstatt die Dinge für sich sprechen zu lassen – lakonisch und lapidar. Oder anders gesagt: Wer den herrschenden Diskurs durch den ebenso herrschenden Gegendiskurs zu entkräften sucht, verdoppelt spiegelbildlich das bezeichnete Übel. Walls legitime Zivilisationskritik greift leider häufig auf die Phraseologie der Globalisierungsgegner zurück und beraubt sich so der Chance, lyrisches Neuland zu betreten.
Wall scheint dieser Gefahr nicht blauäugig ins Messer gelaufen zu sein, schreibt er doch in „Gift“: „Der Regentschaft der Ohrwürmer/etwas entgegensetzen:/einen Aufschrei – Blitz und Donner/einer neuen Grammatik.“
Dass der Aufschrei nicht unbedingt Neues verspricht und dieses vielmehr aus der ruhigen Anschauung des Unwiderruflichen hervorgeht, zeigen folgende Verse aus „Nicht in die Tiefe“, dem letzten Gedicht in Walls Lyrikbuch: „Jedes Geschäft geht/in die Breite./Von oben nach unten/fällt der Groschen/nicht mehr.“
Darum geht es. Daran krankt unsere Gesellschaft. Das ist Lyrik, die ins Herz und ins Schwarze trifft.