Taugt alles für den Titel eines Buches? „alles und alles und: alles oder alles und: / alles statt alles: / das ist die maxime allweil! / alles andere ist unfug! / nichts kommt nämlich nicht herbei!“
Man sieht: Alles ist erlaubt. Schweikhardts Lyrik strotzt nur so von Sprachspielereien. Und was er von Grammatik hält, zeigen folgende Verse: „beistriche in die waschmaschine / das nützt! / prädikat aufs brot geschmiert / das schmeckt! / metaphern in den anus / das hilft! / einmal substantiv und retour / das ist schön! / staubsaugen unter jedem adverb / ins adjektiv blasen / und dann satzweise bügeln / das weckt die lebensgeister!“
Manchmal witzig, manchmal inspirierend, oft aber auch banale Gedichte. Man kann alles durch den Kaokao ziehen: „alles steckt in einem kern / man muss ihn nur ausspucken / alles hat einen kern / man muss ihn nur finden / alles geht im kreis / jedes beschleunigte atom kerngesund / ohne KERN kein CERN.“
Wo fängt die Spielerei an? Wo hört sie auf? Wo fängt Beliebigkeit an? Wo hört sie auf? Genügt der formale Ansatz, einfach den Anfangsbuchstaben auszutauschen, um ein Gedicht zu generieren: „prüss pott ihr pilger / in pankt piago de pompostella“ usw. usf. Hinter jeder Ecke lauert das Nichts. Hier verhungert das experimentelle Verfahren, versucht ein Nichts zu umhüllen.
Schweikhardt spielt aber auch ernstere Melodien, etwa wenn er Technologie- und Gesellschaftskritik formuliert: „mein vater ist in seinen büchern / zu staub zerfallen / und seine asche füllt bibliotheken / dein vater wird dir in den chip entgleiten / geruchlos und klanglos / aus der kleinen leeren ferne winken.“
Schön sind die folgenden Verse aus dem Gedicht „strafe“: „für jeden sonnenuntergang / hat man uns finger abgehackt / für jedes plätschern des baches / die haut geritzt“. Solcherart möchte man mehr lesen, da beginnt es zu tönen und zu fließen, leider aber: zu selten in diesem Buch.
Auch mit der Prosa tut man sich schwer. Es sind keine Figuren auszumachen, keine Geschichten, kein Sinn ist zu destillieren: Gedanken, die frei herumschwirren und sich dabei gegenseitig abschießen.
So einleuchtend und redlich das Motiv Schweikhardts ist, mit dem programmatischen Titel alles Grenzen aufzuheben, zu spielen, zu montieren, Wörtern Bilder entgegenzusetzen, Lyrik neben Prosa zu stellen, zu experimentieren, den Worten Raum zu geben, so unbefriedigend ist das Ergebnis: Wo alles in den Mund genommen wird, kommt nichts heraus, hat die Beliebigkeit gesiegt. „Alles sagen und das Unsagbare meinen.“ Kann dieser Ansatz zum Ziel führen?