Wer es nicht kennt: „Pop! Goes the Pumpkin“ ist eine Halloween-Tradition für Kinder. Kürbisorange Luftballons werden mit Konfetti oder Bonbons gefüllt und zum Platzen gebracht. Der ausgeliehene Titel lässt erahnen, dass die Serie, die Pop und Rock neues Leben einhauchen möchte, auch humorvoll gemeint ist. Bereits vorliegende Anthologien tragen rockende Titel wie I love my shirt, Blood on the track oder Baby you can drive my car. Und nun setzen die beiden Herausgeber Wolfgang Pollanz und Heimo Mürzl mit No. 8 die „tierische“ Anthologie Zum Fressen gern nach.
„Das Verhältnis des Menschen zu den Tieren hat viele Facetten und ist ebenso ambivalent wie bizarr“ (S. 9), schreibt Heimo Mürzl in seinem Quasi-Vorwort und schafft damit die Grundlage für Diskussionsstoff. Zwischen seinem und dem Beitrag von Wolfgang Pollanz über die schrägsten Fälle tierischer Musikinstrumente stellen sich insgesamt 23 Autor:innen und Musiker:innen den Fragen nach den Grenzen unserer Tierliebe. Wie weit darf diese eigentlich gehen, wann wird sie hysterische Vereinnahmung oder sogar Tierquälerei? Wie konnte es trotz engagiertem Tierschutz zur massenhaften Ausbeutung des Tiers kommen? Was sagt uns überhaupt „das Tier“, welche Art der Kommunikation ist möglich und was können wir von ihm lernen? Wie können wir ihm näher kommen, ohne es zu bedrängen und seinen Lebensraum einzuengen? Was bedeutet schützenswerte Artenvielfalt? Wie kann der Mensch sich würdig von Tieren ernähren? Kann es eine artgerechte Haltung von Haus- und Nutztieren in unserer Zeit überhaupt geben? Diese und viele andere Fragen werden in der Anthologie höchst phantasievoll und engagiert behandelt.
So unterschiedlich sich das Thema Pop definieren lässt, so unterschiedlich lesen sich die Interpretationen der eingeladenen Autor:innen: Die einen verbinden ihre Erzählung mit Musiktiteln von Elvis Presley über Iggy Pop bis Mr. Mingus. Andere versuchen die Prämisse Pop plakativ, jugendlich, halluzinativ oder eben „poppig“ bunt umzusetzen. Vier (auf englisch verfasste) Popsongs und eine Playlist ergänzen die Erzählungen.
Auch visuell ist die Anthologie konsequent: Das Cover des Buchs ist in knallbunten Farben gehalten und im Inneren zeigt Andrea Schlemmer eine Hundeportrait-Fotostrecke zwischen Witz und fragwürdiger Tierhaltung. Ganz auf Tier getrimmt sind außerdem die Künstler:innenbiographien (leider fehlt Markus Mörth). Somit ist das ganze Buch nicht nur mit vielen kritischen Perspektiven ausgestattet, sondern auch konsequent durchdacht und erfrischend humorvoll.
Die beigefügten der Popkultur zugehörigen und auf meiner ganz persönlichen Wertung beruhenden Hitlisten vergeben ausschließlich Stockerlplätze!
Die poppigen
1. Mario Schlembach Aussiedlerhof der Pop-Hendl
2. Dominika Meindl Tod und Teufel auf Gut Aiderbichl
3. Austrofred Spezielle Antennen
Die psychedelischen
1. Wilhelm Hengstler Lizard
2. Franz Reisecker Über alles und nichts und darüber hinaus
3. Franzobel Die Schule der Tiere
Die musikalischen
1. Irene Diwiak Schachows Hund
2. Wolfgang Pollanz Von Katzenklavieren, Faultieren und anderen musikalischen Viechern
3. Markus Köhle It’s raining cats and dogs and bugs / but you are captain of the friendship
Die subtilen
1. Sabine Schönfellner Wilde Pferde
2. Markus Mörth Mein Leben als Hund
3. Mario Hladicz Vom Verschwinden
Die schrägen
1. Gabriele Kögl Wenn ich einen Vogel hätte
2. Daniel Wisser Der Bürgermeister der Rinder
3. Sophie Reyer Emi Panda
Die einfühlsamen
1. Andreas Unterweger Gedichte
2. Andrea Stift-Laube The goose is on fire
3. Cordula Simon Triptychon in 3 Katzentieren
Die ernsthaften
1. Heimo Mürzl Von bösen Wölfen, Problembären, delikaten Froschschenkeln und Gänsestopfleber
2. Gabriel Schmidt Danke, Mr. Mingus
3. Helwig Brunner Man gave names to all the animals
Die Songs
1. Christine Josephine Birds (sehr sympathischer Trailer!)
2. Ratrock Tot Sint Jans Tiger Family
3. Son of the Velvet Rat Dumb Bird
… und nicht zuletzt: TARE / Klaus Wohlgemuth Rabbit.
Homepage von Beatrice Simonsen