Fr, 6.6.2025
#LYRIK
#BEGEGNUNG

Internationales Poesiefestival Erich Fried | Tag 3

¡Lyrik!

16.00
Sirka Elspaß

ich föhne mir meine wimpern
Lesung und Gespräch
Moderation: Erwin Uhrmann

„niemand kommt auf die welt / und weiß wie es geht“ heißt es in Sirka Elspaß‘ lyrischen Debüt ich föhne mir meine wimpern (Suhrkamp, 2022) mit dem die Absolventin der Sprachkunst an der Universität für angewandte Künste auf der Shortlist Debüt des Österreichischen Buchpreises vertreten war und für den Clemens-Bretano-Preis nominiert wurde. Ihre Gedichte widmen sich dem eigenen Körper als Territorium der Krise, verbinden Selbstbeobachtung mit Gegenwartsanalyse in einer Sprache, in der Pop auf kulturelles Erbe trifft. In ihrem neuen Band hungern beten heulen schwimmen, der im August bei Suhrkamp erscheinen wird, widmet sich Sirka Elspaß in ihren neuen Gedichten existenziellen Gefühlen und emotionalen Kämpfen. Von der alltäglichen Beobachtung, „wie oft da keine sorge / steht im chatverlauf“, bis hin zum Schutzengel, der hinwirft, nicht mehr erreichbar ist, „sogar die mailbox hat er ausgemacht“. Der Blick fällt auf den eigenen Körper, das eigene prekäre Sein, bevor er sich dem Außen zuwendet, der Natur, den Tieren, allen voran den Vögeln am Himmel. Wehklagen und helle Harmonien, Zetern und Lachen wechseln sich ab, während über allem die Suche nach Trost schwebt: „ich suche / sie immer die engel / den trost per boten“. Der Autor, Kritiker und Herausgeber der Limbus-Lyrik-Reihe Erwin Uhrmann moderiert Silke Elspaß‘ Lesung und kommt mit ihr ins Gespräch über das Gedicht als Ort der emotionalen Selbstvergewisserung in einer brüchigen Welt.

 

17.00
Sue Goyette

Ozean
Lesung und Gespräch
Moderation und Gespräch: Michael Stavarič und Romina Nikolić

Die kanadische Lyrikerin und Romanautorin Sue Goyette erkundet in ihren Werken das individuelle und gesellschaftliche Verhältnis des Menschen zur ursprünglichen Wildheit der Ozeane, Wälder, Weiten und Prärien, die oft in Vergessenheit zu geraten scheint. In ihrem mytho-poetischen Zyklus Ozean (Matthes & Seitz) durchmisst sie den Raum zwischen Land und Wasser.
Wo das Land aufhört, das Land beginnt, wie lang die Küste wirklich ist, weiß niemand, verändert doch das Meer die Linie, Länge, Lage, verwischt es die Grenzen zwischen dem, was fest, und dem, was flüssig ist. Damit setzt es sich ständig in Beziehungen, denen kein Mensch entkommen kann – vor allem nicht diejenigen, die in seiner unmittelbaren Nachbarschaft leben. Von ihnen, den Nebenhändlern, Dichtern, Zimmerleuten, Müttern, Töchtern, Köchen, Rettungsschwimmern, handelt Ozean. Übersetzt wurde der Band von der Lyrikerin Romina Nikolić und dem Lyriker und Autor Michael Stavarič, die im gemeinsamen Gespräch mit Sue Goyette deren Poetik ergründen und auf Deutsch und Englisch aus ihren Gedichten lesen werden.

 

18.30
Ramona de Jesús

Manual arqueológico del hambre
Lesung
Moderation: Anja Zag Golob

In Medellín geboren, wuchs Ramona de Jesús zwischen Kolumbien und Indien auf, zwischen der spanischen und der englischen Sprache. Seit 2009 lebt sie in Deutschland. Sie ist Dichterin, Übersetzerin, Essayistin und Boxerin. In ihrer Poetik nennt sie „das Schreiben, das über sich selbst und über seine eigene Zeit, den Prozess, also über sein eigenes Leben spricht.“ Sie liest sowohl aus ihrem 2020 erschienenen ersten Gedichtband Dos metros cuadrados de piel (Zwei Quadratmeter Haut, deutsche Übersetzung von Rike Bolte in Vorbereitung) als auch Texte aus dem bislang unveröffentlichten Buchprojekt Manual arqueológico del hambre (Archäologisches Handbuch des Hungers).
„Sprache ist aus sich öffnenden und schließenden Türen gefertigt. / Aus Türen, die sich schließen, damit eine andere Tür sich öffnet. / Wenn alle Türen zu sind, dann deswegen, weil die Bewohner / schlafen oder tot sind. Wenn die Türen alle offen sind, sind / Schreie zu hören. Schreiben hieße also, eine derjenigen Türen zu / öffnen, die die Toten verschlossen haben, oder eine der tausend / Türen zu schließen, die der Wahnsinn geöffnet hat.“ (Übersetzung von Rike Bolte). Die Texte des Buches entstehen parallel und unter dem Einfluss ihrer Übersetzung von Friederike Mayröcker Gedichten ins Spanische, an denen sie arbeitet.
Die slowenische Dichterin Anja Zag Golob war in der Jury zum Mayröcker-Stipendium 2025.

 

19.30
Clemens J. Setz, Dmitri Strozew, Heike Fiedler
Thesen, Trends, Rezeption und Relevanz. Poesie heute
Diskussion
Moderation: Florian Höllerer

„Poetry died 100 Years ago this month / Itʼs modernityʼs fault. And also TS Eliotʼs“, so stand es vor nicht allzu langer Zeit in der NYT. Die literarische Praxis beweist das Gegenteil. Aber wie steht es wirklich um die Poesie in der „verkehrten Zeit“? Wie um Relevanz und Resilienz lyrischen Sprechens? Wie reagiert die Literatur auf die radikalen Umbrüche und Konflikte unserer Gegenwart, die gerade tief in Sprache und Wort und Denken eingreifen? Und wie gehen Dichter:innen damit um. Poesie im Exil ist ebenso ein großes Thema, das Schreiben von Gedichten in fremder Umgebung, aber auch der jeweilige Stellenwert von Gedichten in unterschiedlichen Sprachen und
Gesellschaften, und nicht zuletzt der Einfluss von KI auf das Schreiben, auf den poetischen Akt und seine mögliche Entmenschlichung.
Der Leiter des LCB in Berlin und Mitglied der Internationalen Erich Fried Gesellschaft, Florian Höllerer, moderiert die Abschlussdiskussion zum Festival.

 

Hier kommen Sie zu den weiteren Veranstaltungen des Festivals:
Internationales Lyrikfestival Erich Fried Verkehrte Zeit
Eröffnung
Tag 1, 4.6.2025
Tag 2, 5.6.2025

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